Mit einem großen Feuerwerk in der Silvesternacht wird Lettland zum Jahreswechsel als 18. Land der Eurozone beitreten. Die europäische Gemeinschaftswährung löst den heimischen Lats ab. Damit sich die gut zwei Millionen Bürger an die neue Währung gewöhnen können, hat die Regierung im Dezember 800 000 „Starter-Kits“ - Plastiktütchen mit je 45 Euromünzen im Wert von 14,32 Euro - in Umlauf gebracht. Anders als bei der in Rekordzeit vergriffenen letzten Sonderprägung des Lats bildeten sich nur vereinzelt Schlangen vor den Bankschaltern, um die neue Währung in Empfang zu nehmen - die Euro-Begeisterung der Bevölkerung hält sich deutlich in Grenzen.
Umso größer ist sie bei der Regierung des baltischen Landes. „Die Einführung des Euro wird positiv für Lettland sein, sie wird einen Beitrag für die Wirtschaft und das Wohlergehen der Menschen leisten“, beschreibt Noch-Ministerpräsident Valdis Dombrovskis die Vorteile des Beitritts zur Eurozone. Für Zentralbank-Chef Ilmars Rimsevics bedeutet der Euro die vollwertige Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion und die „tiefgreifende und unwiderrufliche Integration Lettlands in Europa - nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch“.
Auch von Brüssel wird die Euro-Einführung in Lettland als „historischen Moment“ begrüßt. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem betonte im Oktober bei einem Besuch in Riga, sie verstärke die Beziehungen zwischen dem kleinen Baltenstaat und der Eurozone zu einem Zeitpunkt der schrittweisen Erholung der Eurozone nach der Wirtschaftskrise.
Auch Lettland war nicht von der Krise verschont worden. Zwischen 2008 und 2010 brach die Wirtschaftsleistung um 20 Prozent ein. Die Baltenrepublik konnte nur durch Hilfskredite der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor dem Staatsbankrott gerettet werden. Heute sind Haushalt und Wirtschaft nach einem radikalen Spar- und Reformprogramm wieder auf Kurs. Lettland erfüllt souverän die Beitrittsbedingungen und ist das wachstumsstärkste Land in der EU, leidet aber unter hoher Abwanderung.
„Der Euro kann und muss kommen“, sagt Maren Diale-Schellschmidt, Geschäftsführerin der Deutsch-Baltischen Handelskammer (AHK). Deutsche Unternehmen in Lettland erwarten bessere Standortbedingungen und praktische Vorteile für ihre Geschäftstätigkeit. Dafür sprächen die positiven Erfahrungen deutscher Investoren nach dem Euro-Beitritt Estlands 2011. Auch lettische Unternehmen sind überwiegend für den Euro.
Mit dem Versprechen „Euro. Lettland wächst“ versucht die Regierung in Fernsehspots und Anzeigen der Bevölkerung die Gemeinschaftswährung schmackhaft zu machen. Doch in Umfragen sprechen sich unverändert mehr als die Hälfte der Letten gegen den Währungswechsel aus - sie befürchten vor allem steigende Preise und einen Identitätsverlust durch die Aufgabe des Lats.
In der Schlussphase der Währungsumstellung trat Ende November Regierungschef Dombrovskis mit seinem Kabinett zurück, um die politische Verantwortung für den Einsturz eines Supermarktes in Riga mit 54 Toten zu übernehmen. Seitdem steht die Ostseerepublik ohne Regierung da - und wird es wohl auch bis zum neuen Jahr bleiben. Geschäftsführend amtiert die alte Ministerriege weiter.
Den Währungswechsel beeinflusst dies bislang kaum. Die EU-Kommission bescheinigte Lettland im Dezember, mit den Vorbereitungen „insgesamt weit fortgeschritten“ zu sein. „Ich bin zuversichtlich, dass der Prozess der Euro-Einführung auch in Lettland unter voller Kontrolle und ein Erfolg sein wird“, sagt Staatspräsident Andris Berzins.
Mit dem Beitritt Lettlands bekommt der Euro mit dem Trachtenmädchen und den lettischen Staatswappen nicht nur neue Münzmotive, sondern auch eine neue Bezeichnung. Weil der lettischen Sprache der Doppellaut „eu“ fremd ist, nennen die Letten ihre neue Währung „Eiro“. In Rechtstexten muss die Schreibweise aber „Euro“ lauten.