Zypern Anleger in Angst

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Absurde Einlagensicherung

Sparer würden für mehr Sicherheit bezahlen
Deutschland ist eine Nation der Sparer. Wie wichtig den Deutschen die Sicherheit ihres Ersparten ist, zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Forsa, welche die Business-Softwarefirma SAS in Auftrag gegeben hat. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass 84 Prozent der deutschen Bankkunden von ihrer Bank verlangen mit ihrem Geld vorsichtig umzugehen. Sie wären sogar bereit dafür bei kurzfristigen Geldanlagen niedrigere Zinsen hinzunehmen. Quelle: dpa
28 Prozent der befragten Bankkunden mit einer höheren Risikoaversion wären mit einem um 0,4 Prozent niedrigeren Zins einverstanden, wenn dadurch ihre Bank mehr Wert auf die Sicherheit ihres Geldes legen würde. 20 Prozent würden 0,6 Prozent weniger Zinsen hinnehmen und immerhin 17 Prozent würden sogar auf ein Prozent Rendite verzichten. Quelle: ZB
Viele Bürger bemängeln zudem, dass seit der Bankenkrise 2008/2009, die unter anderem durch die Pleite der Traditionsbank Lehman Brothers ausgelöst wurde, die Banken kaum etwas an ihrer Geschäftspolitik geändert haben. SAS beziffert die Zahl auf 67 Prozent. Der Protest zeigte sich im vergangen Jahr vor allem in der Occupy-Bewegung. Monatelang harrten in Deutschland die Protestler in Zelten vor der Europäischen Zentralbank aus. Die Umfrage ergab, dass sich 70 Prozent der Bürger vom Staat eine stärkere Regulierung im Bankensektor wünschen. Quelle: dapd
Ein anderes Bild ergab sich bei den unter 30-jährigen. Dort fiel die Zustimmung für eine Bankenregulierung deutlich niedriger aus. Quelle: dpa
Lange galten Transparenz und Risikoeindämmung als unprofitabel. Die Studie könnte diese Ansicht ändern. Denn die deutschen Sparer erwarten nicht nur moderne Systeme für die Risikostreuung, sie sind sogar bereit, diese mitzufinanzieren. Für die Geldhäuser könnte das sogar ein Anreiz sein, ihr Geschäft darauf auszurichten. Die Geldhäuser, die jetzt ihr Risikomanagement und ihre Transparenz verbessern und dies auch glaubwürdig gegenüber den Sparern kommunizieren, könnten daraus langfristig Vorteile im Privatkundengeschäft ziehen. Quelle: dpa
Auf die Frage, ob die Bürger eher den Sparkassen beziehungsweise den Volks- und Raiffeisenbaken oder den privaten Finanzinstituten vertrauen, antworteten 80 Prozent, dass sie eher bei Ersteren ihr Geld anlegen würden. Nur 14 Prozent hielten die Privatbanken für vertrauenswürdig. Allerdings zeigt die Studie auch, dass die gesamte Branche an einem zweifelhaften Image leidet. So waren 47 Prozent der Befragten der Ansicht, dass sich die Banken insgesamt ihren Kunden gegenüber nicht verantwortungsvoll verhalten würden. Quelle: REUTERS
94 Prozent der befragten Bürger fordern von den Banken ein risikoarmes Wirtschaften und Sicherheiten vor Wertverlust. "Die Forsa-Umfrage ist ein klarer Appell an die Banken, sich mit den Themen Risikosteuerung und Transparenz auseinanderzusetzen", erklärt Mona Beck, Director Financial Industries bei SAS Deutschland. "Die Bankkunden haben die Krise und ihre Auswirkungen nicht vergessen - und sie wollen Gewissheit darüber, dass ihre Spareinlagen bei ihrer Bank gut aufgehoben sind. Gleichzeitig ist ihnen bewusst, dass sie die Kosten dafür zumindest teilweise selbst übernehmen müssen. Für die Banken ist das eine große Chance." Quelle: dpa

Wie brisant das Thema Sparguthaben ist, zeigte Kanzlerin Angela Merkel am vergangenen Montag. Da ließ sie über ihren Sprecher eilig verkünden, dass die Garantie für Spareinlagen in Deutschland Bestand habe. Fest steht aber, dass Zypern kein Einzelfall bleiben muss: Jeder Staat kann im Notfall auf Guthaben einfach und schnell zugreifen – per Sonderabgabe oder Steuer.

Die zehn größten Euro-Lügen
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dpa
Giorgios Papandreou Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dapd
Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker Quelle: dapd
Angela Merkel mit Draghi Quelle: dapd
Mariano Rajoy Quelle: REUTERS

Ein schlagendes Argument wähnten die Euro-Retter bei der geplanten Teilenteignung der zyprischen Sparer auf ihrer Seite: Werden die Banken des Landes nicht gerettet, taumeln sie in die Pleite, und Sparer verlieren ihre gesamten Einlagen. Bei einer Pleite aber hätte die Einlagensicherung greifen müssen – theoretisch. In der Praxis, das zeigt Zypern, gibt es die Einlagensicherung im Extremfall wohl nur auf dem Papier. Gehen ein Staat und die Banken des Landes pleite – wer soll dann noch haften?

von Tim Rahmann, Andreas Toller, Kerstin Dämon

Davon ist Deutschland weit entfernt. Hier soll die gesetzliche Einlagensicherung Kunden garantieren, dass Einlagen beim Bankrott einer Bank bis zu einem Betrag von 100 000 Euro geschützt sind – je Kunde, je Bank. Darüber hinaus bieten Banken höhere Absicherung über einen Fonds der Branche.

Der allerdings wäre bei der Pleite einer Großbank überfordert. Auf massenhafte Pleiten sind die freiwilligen Einlagensicherungssysteme aller Banken nicht ausgelegt, auch nicht die der Sparkassen oder Genossenschaftsbanken, die im Verbund untereinander haften. Für Bankkunden bleibt nur ein Rettungsanker: Cash auf mehrere Banken und Systeme verteilen.

Auf einen Merkel-Helikopter mit Geld sollten Sparer jedenfalls nicht hoffen.

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