Zypern Bail-out für russische Oligarchen

Zypern braucht einen Schuldenschnitt und Hilfen aus Brüssel. Doch gerettet würden damit vor allem russische Oligarchen, die Schwarzgeld auf der Insel untergebracht haben.   

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Das Orakel von Brüssel hat gesprochen. Olli Rehn, das ökonomische Superhirn der Europäischen Union, lehnt einen Schuldenschnitt für Zypern ab. Weil aber meist das Gegenteil von dem passiert, was Rehn fordert, dann ist der Haircut wohl beschlossene Sache. Dazu passt die Herabstufung Zyperns durch Moody´s von B3 auf Caa3 wegen der zunehmenden Gefahr eines Staatsbankrotts. Die Ratingagentur verweist auf die zunehmende Verschuldung des Landes durch die notwendige Rekapitalisierung des Bankensystems.

Kaum zu glauben: Zypern ist ein noch schlimmerer Fall als Griechenland. Einem Bruttoinlandsprodukt von 18 Milliarden Euro steht ein bankrottes Bankensystem mit einer Bilanzsumme von 150 Milliarden Euro gegenüber. Zehn Milliarden Euro sollen nun helfen, die Banken vor dem Kollaps zu retten. Der Rettungsversuch ist brisant. Laut einem Bericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) sind im zypriotischen Bankensystem nämlich 26 Milliarden Euro an russischen Schwarzgeldern untergebracht.

Die wichtigsten Entscheidungen zum Euro 2012
Frankreich verliert BonitätFrankreich verliert am 14. Januar seine Bestnote als Schuldner bei Standard & Poor's. Nun wird immer klarer, dass allein Deutschland unter den großen Eurozonen-Ländern als Stabilitätsanker zu sehen ist. Quelle: REUTERS
FiskalpaktBeim EU-Gipfel in Brüssel unterzeichnen 25 der 27 EU-Länder am 2. März 2012 den von Deutschland und Frankreich durchgesetzten Fiskalpakt. Der sieht unter anderem eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild vor, die vom Europäischen Gerichtshof überprüft wird. In der Regel darf die Neuverschuldung demnach konjunkturbereinigt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten. Aber: Die Schuldengrenze ist weniger streng als die des Bundes. Für Berlin darf das jährliche Staatsdefizit in Normalzeiten ab 2016 nur noch bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Quelle: dpa
SchuldenschnittAm 12. März 2012 wird der sogenannte Schuldenschnitt für Griechenland fällig. Über 96 Prozent der Unternehmen, meist Banken, die Griechenland-Anleihen halten, verzichten auf einen Großteil ihrer Forderungen – mehr oder weniger freiwillig. Griechenland ist damit noch längst nicht gerettet. Die Schuldenquote steigt schnell wieder und viele der Gläubiger klagen vor Gericht. Quelle: dapd
Hollande gewähltAm 6. Mai 2012 wählen die Franzosen Francois Hollande zu ihrem Staatspräsidenten. Das Duo "Merkozy" ist damit Geschichte. Hollande hatte sich offen gegen das Merkelsche "Spardiktat" ausgesprochen. Seine sozialistischen Versprechen erweisen sich bald als unhaltbar. Quelle: dpa
Merkel erpresstEklat beim EU-Gipfel am 30. Juni 2012 : Italien und Spanien ziehen alle Register, um Europa ihre Politik aufzuzwingen. Mit Erfolg. Künftig sollen Krisenländer den Euro-Rettungsschirm ohne verschärftes Anpassungsprogramm anzapfen dürfen. Quelle: dpa
Unbegrenzter Anleihenkauf der EZBAm 6. September gibt die EZB bekannt, dass sie im Notfall unbegrenzt Anleihen von finanziell angeschlagenen Euro-Staaten kaufen will, um die Zinsen für die Regierungen in Rom und Madrid drücken. Sie finanziert damit indirekt Staaten – was ihr eigentlich strikt verboten ist. Eine neue Ära der europäischen Geldpolitik beginnt. Der Bundesbankpräsident ist gescheitert. Quelle: dapd
Bundesverfassungsgericht entscheidet Am 12. September entscheidet das Bundesverfassungsgericht - im Bild Präsident Andreas Vosskuhle - über die deutsche Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Sie ist rechtens, solange es bei der Haftungsobergrenze von 190 Milliarden Euro bleibt und das auch völkerrechtlich fixiert wird. Die Kläger, darunter der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, sehen das zumindest als Teilerfolg. Quelle: REUTERS

Das meiste davon wurde dummerweise in griechischen Staatsanleihen und mit Immobilienspekulationen versenkt. Deshalb stand Zypern bereits 2011 am Rande der Pleite. Abgewendet wurde der Bankrott damals durch 2,5 Milliarden Euro aus russischen Quellen.

Seit Juni 2012 wird nun über einen ausgewachsenen Bail-out mit EU-Geldern verhandelt. Ingesamt geht es um gut 17 Milliarden Euro, das meiste davon reserviert für die Banken und deren werte Kundschaft. „Lupenreine Bankiers“ deutscher Geldhäuser kommentierten dieses Vorhaben übrigens positiv. Zweifelhaft nur, ob dieser Betrag überhaupt reicht. Bis 2014 rechnen Analysten mit einem Anstieg der offiziell ausgewiesenen Gesamtverschuldung Zyperns auf 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Noch vor zwei Jahren lag die Schuldenquote bei 61 Prozent.

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