H. P. Grüner Wie man Sparpolitik am besten verkauft

Die Regierung steht unter Druck: Wie genau soll sie sparen? Tipps, wie sie die unbeliebte Sparpolitik den Wählern am besten verkauft, gibt Ökonom Hans Peter Grüner im Gespräch mit Handelsblatt-Redakteurin Dorit Heß.

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Hans Peter Grüner, Ökonom der Uni Mannheim, forscht über die Akzeptanz von Reformpolitik. Quelle: Pressebild

Handelsblatt: Die Regierung muss tun, was jeder Politiker scheut: sparen. Wie kann sie dafür den Rückhalt der Bevölkerung gewinnen?

Hans Peter Grüner: Breiten Widerstand verringert sie am besten, indem sie kleinen Gruppen viel abverlangt. Vermögensabgaben sind daher attraktiv, der Verzicht auf ein Kinderbetreuungsgeld ist eher unattraktiv.

HB: Die Mehrwertsteuererhöhung fällt flach?

Grüner: Sie ist nicht ratsam, weil sie eine große Gruppe trifft. Wenn sich Berlin dennoch dazu entschlösse, sollte es gleichzeitig Einzelgeschenke rückgängig machen. Damit vermittelte sie eher das Gefühl, es geht gerecht zu. Dazu trügen auch symbolische Schritte bei. Ein teurer Empfang für die Gewinnerin eines Gesangwettbewerbs, bei dem ein Ministerpräsident auf dem Rollfeld wartet, bewirkt das Gegenteil.

HB: Gibt es international Vorbilder?

Grüner: Länder mit Mehrheitswahlrecht haben geringere Staatsausgaben als Länder, in denen kleine Parteien mitregieren. Denn in Ländern mit proportionalem Wahlrecht wird nach dem Motto gehandelt: Es muss für jedes Regierungsmitglied etwas dabei sein. Das beste Beispiel sind die von FDP und CSU durchgesetzten Steuersenkungen für Hotelübernachtungen und die Steuerbefreiung für Unternehmenserben.

HB: Ändern Bürgerentscheide etwas?

Grüner: Ja! Eine Studie, in der Schweizer Kantone verglichen werden, zeigt: Wo Bürger das Haushaltsbudget absegnen müssen, fällt es im Vergleich zu den anderen Regionen kleiner aus. Die Abwrackprämie wäre in einer direkten Demokratie sicher nicht ohne weiteres durchgekommen. Dass sie im deutschen Bundestag große Zustimmung fand, verdankt sie vor allem der außerordentlich starken Lobby einer Branche. Die Politiker setzen darauf, dass die Wähler solch ökonomisch fragwürdige Maßnahmen bis zur nächsten Wahl längst vergessen haben.

HB: Sehen sie angesichts dieser Erfahrungen eine Chance, dass der Bundesregierung die Rückführung der Neuverschuldung gelingt?

Grüner: Ja, wenn die Politiker eine zu ihnen passende Politik machen. Kürzen sie ihre eigenen Lieblingsprojekte, erhöhen sie ihre Glaubwürdigkeit - weil sie damit zeigen, dass sie keine andere Wahl haben. Legte die FDP Konzepte zum Subventionsabbau beim Mittelstand vor oder ein Sparprogramm für den Haushalt des Auswärtigen Amtes, hätte das eine besondere Glaubwürdigkeit beim Wähler. Schlägt die Regierung Kürzungen im Sozialbereich vor, wäre die Signalwirkung geringer. Verteidigungsminister zu Guttenberg hat das offenbar verstanden, das zeigen seine Sparvorschläge für die Bundeswehr.

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