Abschied vom Gleichgewicht Warum Charles Darwin ein Segen für die Ökonomie ist

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Evolutionsökonomik: Quelle: REUTERS

Die Angst vor dem Marktaustritt befeuert einen Innovationswettlauf, in dem sich kein Unternehmen lange auf seinen Errungenschaften ausruht. Die Unternehmen stehen in einem täglichen Kampf ums Überleben und verändern sich ständig.

Schumpeters Theorie lässt sich auch auf andere Bereiche der Wirtschaft übertragen. Ökonom Lehmann-Waffenschmidt glaubt: Auch die Verbraucher stehen in einem Wettbewerb um den besten Konsum: „Es gibt Vorreiter, die einen bestimmten Konsum vorleben, den andere dann imitieren.“ Dadurch ändere sich die Nachfrage; Nischenprodukte könnten plötzlich zu Kassenschlagern werden.

Ein Beispiel ist der Aufstieg von biologisch angebauten Lebensmitteln aus den muffigen Ecken der Bioläden in die vordersten Regale der Supermärkte. In einer Welt, die nach den Modellen der Mainstream-Ökonomik funktioniert, wäre so etwas undenkbar, da dort die Vorlieben der Verbraucher unveränderlich sind.

Evolutionsökonomen haben es oft schwer, wenn sie mit ihren Ideen an die Öffentlichkeit gehen

Mit seinem Modell über die wechselhafte Kauflaune der Verbraucher hat Lehmann-Waffenschmidt auch im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Gehör gefunden. Die Beamten beauftragten ihn, herauszufinden, was Menschen dazu bringt, nachhaltig erzeugte Lebensmittel zu kaufen.

Oft haben es Evolutionsökonomen aber noch schwer, mit ihren Ideen an die Öffentlichkeit zu gelangen. „Bei großen Fachzeitschriften wird mit den Kriterien der Mainstream-Ökonomik entschieden, welcher Artikel veröffentlicht wird“, sagt Lehmann-Waffenschmidt. Daher sei es auch schwierig, junge Forscher für die evolutorische Ökonomik zu gewinnen. „Karriere macht man immer noch mit den neoklassischen Modellen und Theorien.“

Beim wissenschaftlichen Nachwuchs wächst das Interesse dennoch: „Die Studenten sind mehr und mehr unzufrieden mit den neoklassischen ökonomischen Modellen, weil die so grundlegende Krisen wie die jüngste Wirtschafts- und Finanzkrise nicht erklären konnten“, weiß Friedrun Quaas, Professorin am Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig.

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