WirtschaftsWoche: Professor Wambach, Sie sind promovierter Physiker und haben erst später Ökonomie studiert. Fällt Ihnen der Spagat zwischen Natur- und Sozialwissenschaften nicht schwer?
Achim Wambach: Im Gegenteil. Physiker lernen methodisch-mathematisches Denken, arbeiten aber zugleich anwendungsorientiert – eine perfekte Mischung für die Ökonomie. Viele meiner Physiker-Kollegen sind übrigens zu Investmentbanken gegangen.
Sie dagegen treten am 1. April Ihr Amt als ZEW-Präsident an. Was wollen Sie dort verändern?
Ich komme an ein Institut, das sich im Aufbruch befindet. Da haben mein Vorgänger Clemens Fuest und Geschäftsführer Thomas Kohl sehr gute Arbeit geleistet.
Zur Person
Achim Wambach, 47, wird zum 1. April neuer Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, eines der sechs großen ökonomischen Forschungsinstitute in Deutschland. Zuvor war der Kölner Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Köln. Wambach ist seit dieser Woche Vorsitzender der Monopolkommission und sitzt im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. 2017 übernimmt er zudem den Vorsitz des Vereins für Socialpolitik.
Das ZEW ist mit insgesamt acht Forschungsbereichen gut aufgestellt und eher mikroökonomisch orientiert; so soll es auch bleiben. Ich werde zusätzlich eine Forschungseinheit einrichten, die sich mit Marktdesign beschäftigt.
Was heißt das?
Marktdesign ist ein spannendes neues Feld der VWL und wird in der digitalen Ökonomie immer wichtiger. Märkte sind nicht statisch. Sie entwickeln sich weiter, oft entstehen völlig neue Märkte. Wir wollen erforschen, wie sie funktionieren und wo man regulieren muss.
Beispiele gibt es viele: Ausschreibungen für erneuerbare Energien, die Vergabe von Mobilfunkfrequenzen, der Markt für Verschmutzungsrechte oder Auktionen von Staatsanleihen. Wenn Sie eine Internetseite öffnen, läuft in einer Millisekunde im Hintergrund eine Auktion über das Recht, Ihnen eine bestimmte Werbung anzeigen zu dürfen. Auch das ist ein Markt.
In der Konjunkturforschung haben Sie keine Ambitionen?
Das ZEW hat in den vergangenen Jahren keine Konjunkturanalyse betrieben. Ich kann mir aber vorstellen, unseren monatlichen Finanzmarkttest auszubauen, der durchaus eine Rolle an den Märkten spielt. Man könnte weitere Fragen hinzunehmen und die Daten stärker wissenschaftlich nutzen. In diesem Panel steckt noch ungenutztes Potenzial. Außerdem wollen wir die Forschung zum Immobilienmarkt verstärken. Dieses Segment hat die Wissenschaft bisher arg vernachlässigt. Dabei steckt der Großteil des Sparvermögens in Immobilien. Immobilienkredite spielen für die Finanzmarktstabilität eine immer größere Rolle.
Rund 45 Prozent des ZEW-Etats kommen aus Drittmitteln. Sie sind also auf externe Auftraggeber, etwa die EU-Kommission, angewiesen. Führt das zu politischen Beißhemmungen?
Unser Drittmittelanteil ist höher als bei anderen Instituten, aber das ändert nichts an unserer wissenschaftlichen Freiheit. Klar, wenn man das Gefühl hat, von einzelnen Auftraggebern abhängig zu sein, muss man aufpassen. Beim ZEW ist das aber nicht der Fall. Dass wir viele Forschungsaufträge bekommen, ist vielmehr ein Beleg für wissenschaftliche Qualität.