Alarmstufe Gas ausgerufen „Eskaliert die Lage, müssen wir auch die Haushalte in den Blick nehmen“

Achim Wambach ist seit 2016 Präsident des ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und seit 2014 Mitglied der Monopolkommission. Quelle: PR

Die Bundesregierung hat die Gas-Alarmstufe ausgerufen. ZEW-Präsident Achim Wambach rät, im Krisenfall knappes Gas an die Meistbietenden zu versteigern – und fordert Preisrabatte für sparsame Verbraucher. 

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WirtschaftsWoche: Herr Wambach, Sie haben für den Fall eines russischen Gasembargos oder Lieferstopps vor einer staatlichen Gaszuteilung gewarnt und stattdessen ein Auktionsmodell empfohlen. Warum?
Achim Wambach: Wir müssen versuchen, marktwirtschaftliche Instrumente und Preissignale auch im Rationierungsfall zu nutzen. Bei einer staatlichen Zuteilung, nach welchen Kriterien auch immer, ist die Wahrscheinlichkeit einer effizienten Lösung gering.

Ökonomisch effizient ist eine Lösung, die bei einem Gasembargo das verbleibende Gas dorthin bringt, wo es die höchste Wertschöpfung erzielt. Und der beste Indikator dafür ist nun mal der Preis, den die Unternehmen zu zahlen gewillt sind. Bei einer Auktion bekommen die Unternehmen keinen Zuschlag, die substituieren können. Einige scheiden aus dem Markt vorübergehend oder auf Dauer aus.

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass finanzstarke Konzerne dann Gas hamstern, während der Mittelstand auf der Strecke bleibt?
Ich glaube nicht, dass einzelne Unternehmen den Gasmarkt auf der Nachfrageseite so stark dominieren können. Gleichwohl ist klar: Eine Gaskrise kann den Mittelstand überproportional treffen; Betriebe mit geringer Wertschöpfung könnten durchs Raster fallen. Es lohnt sich, schon heute einiges dafür zu tun, um eine Gasknappheit im Winter zu vermeiden.

Diese Länder haben einen Alarm bei der Gaslieferung ausgesprochen

Ein Instrument wäre ein Verzichtsmodell. Unternehmen könnten sich heute bereiterklären, im Herbst oder Winter für einen bestimmten Zeitraum auf Gas zu verzichten ­ und dafür eine Entschädigung erhalten.

Die Betriebe, sofern sie keine Substitute finden, könnten dann Werksferien machen oder die Produktion herunterfahren und Kurzarbeitergeld beantragen. Wenn die Lage eskaliert, müssen wir aber auch die Haushalte stärker in den Blick nehmen, um den Gasverbrauch zu drosseln.

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Wie meinen Sie das? Lieschen Müller kann ja wohl kaum zusammen mit BASF oder Siemens bei einer Gasauktion mitbieten.
Nein, aber man könnte über Prämien für Haushalte nachdenken, die Gas einsparen. Dann hätten die Leute, die die Heizung runter drehen, nicht nur ein gutes Gewissen, sondern auch einen monetären Vorteil.

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Wie soll das funktionieren?
Man könnte sich zum Beispiel den durchschnittlichen Gasverbrauch eines Haushalts der vergangenen drei Jahre ansehen und sagen: Wer 20 Prozent drunter bleibt, kann die Differenz quasi zurückverkaufen.  Ein solches Prämienmodell wäre ein effektives Instrument, den Gasverbrauch zu drosseln. Und es wäre auch im Interesse der Versorger: Sie müssten weniger Gas auf dem Markt zukaufen.

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