Angela Merkel beim Weltwirtschaftsforum „Wenn man ehrlich ist, steckt uns diese Krise heute noch in den Knochen“

Angela Merkel: Bankenkrise steckt uns „heute noch in den Knochen“ Quelle: AP

Beim Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einer Wiederholung der Bankenkrise gewarnt. Die Zinspolitik zeige, dass die Normalisierung noch nicht abgeschlossen sei.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Politik und Wirtschaft dazu aufgerufen, alles zu tun, um eine Wiederholung der Bankenkrise von vor mehr als zehn Jahren zu verhindern. Die Zinspolitik der großen Notenbanken zeige, „dass wir letztendlich immer noch an dieser Krise knabbern, dass wir immer noch nicht raus sind“, sagte Merkel am Mittwoch beim Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos. Durch die Bankenkrise habe man sich auch Raum für mögliche kommende Aufgaben genommen. Man müsse deshalb möglichst schnell wieder zur Normalisierung zurückkommen.

„Wenn man ehrlich ist, steckt uns diese Krise heute noch in den Knochen“, sagte Merkel. „Sie hat unglaublich viel Vertrauen gekostet in der Politik, aber auch im Bereich der Wirtschaft, insbesondere im Finanzsektor.“ Die nach der Bankenkrise eingeführten Regulierungen, die bessere Kontrolle der Banken – „okay, das waren Fortschritte“, sagte die Kanzlerin. Wenn man aber die Menschen frage, habe der „Glaube an einen stabilen, internationalen Finanzsektor doch sehr gelitten“. Und deshalb müsse alles getan werden, um eine Wiederholung zu verhindern.

Merkel kritisierte eine „Vielzahl von Störungen und Verunsicherungen im multilateralen System“. Das führe neben anderen Herausforderungen zu sinkenden Wachstumsprognosen durch den Internationalen Währungsfonds (IWF). Es gebe Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden könnten. Als Beispiele nannte Merkel auch den Klimawandel sowie Sicherheits- und Handelsfragen. Beim Klimaschutz etwa hätten die Industrieländer die Fähigkeit und auch die Verantwortung, Technologien zu entwickeln, von denen andere dann profitieren könnten.

Hinter dem symbolischen Auftritt von Merkel und Macron in Aachen steckt wenig praktischer Wert. Der politische Vordenker Henrik Enderlein befürchtet eine schleichende Entfremdung zwischen Deutschland und Frankreich.
von Christian Ramthun

Gleichzeitig seien bestehende internationale Institutionen in ihrer Zusammensetzung und Arbeitsweise reformbedürftig. Der wachsende Einfluss aufstrebender Nationen wie Indien oder China verändere die Weltwirtschaft. Wenn das bestehende System internationaler Organisation darauf zu langsam reagiere, könnten sich konkurrierende Parallelstrukturen bilden. Zudem gebe es populistische, nationalistische Tendenzen, sagte Merkel, ohne konkret zu werden. Deutschland suche nach Verbündeten für den Multilateralismus, „alles andere würde ins Elend führen“. Vor diesem Hintergrund solle das Forum in Davos einen Beitrag leisten, „besser mehr Sicherheit wieder in die Dinge hineinzubringen, als dass die Unsicherheit noch wachsen sollte“.

Zugleich forderte Merkel wirtschaftliche Stärke der Europäer. Nur dann könnten sie sich international mit ihren Ideen durchsetzen. Die USA setzten ihre Wirtschaftskraft so ein, dass sie auch politischen Druck auf Unternehmen etwa im Streit um das Atomabkommen mit dem Iran einsetzen könnten. Die EU müsse dieselbe Stärke entwickeln. „Ansonsten werden wir steuerbar.“

Zu Beginn ihrer Rede hatte Merkel den internationalen Teilnehmern des Treffens versichert: „Ich darf Ihnen sagen, dass Deutschland wieder eine stabile Regierung hat und wir nach anfänglichen Schwierigkeiten auch gewillt sind, gut zu arbeiten.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%