Wir verfügen über wenig Erfahrungen mit Deflation, um diese Theorie der Abwärtsspirale zu überprüfen. Das wohl am häufigsten angeführte Beispiel einer deflationären Ökonomie ist Japan. Zwar wies das Land eine niedrige Inflation und einige spürbare kurze Phasen von Deflation auf, es geriet jedoch nicht in eine Abwärtsspirale der Preise. Japans Inflationsrate fiel von beinahe acht Prozent im Jahr 1980 auf null Prozent 1987. Bis 1999 lag der Inflationswert über null. Anschließend schwankte die Inflation bis 2012 zwischen null und minus 1,7 Prozent.
Der Befund für Japan: Die Realeinkommen stiegen trotz niedriger Inflation und Phasen der Deflation. Von 1999 bis 2013 legte das reale Pro-Kopf-BIP jährlich um etwa ein Prozent zu (worin sich ein bescheidenerer Anstieg des BIP sowie ein Bevölkerungsrückgang widerspiegelten).
Warum also sorgen sich so viele Zentralbanker um niedrige Inflationsraten? Eine mögliche Erklärung: Sie fürchten einen Glaubwürdigkeitsverlust, wenn sie es Jahr für Jahr nicht schaffen, in die Nähe des Inflationsziels von zwei Prozent zu kommen. Eine andere Möglichkeit ist, dass es den Zentralbanken mehr um reales Wachstum und Beschäftigung geht - und sie die niedrigen Inflationsraten als Ausrede benutzen, um die außergewöhnlich großzügigen geldpolitischen Bedingungen beizubehalten. Eine dritte Erklärung lautet, dass die Zentralbanken die Zinssätze niedrig halten möchten, um den Staaten den Schuldendienst zu erleichtern.
Das alles wäre nicht so schlimm, wenn extrem niedrige Zinsen nicht die Risikobereitschaft von Schuldnern und ertragshungrigen Kreditgebern schüren würden. Die Folge sind massive Fehlbewertungen finanzieller Vermögenswerte. Damit wachsen die Risiken in der Realwirtschaft, wenn die Geldpolitik wieder auf ein Normalmaß zurückkehrt und die Vermögenswertpreise einer Korrektur unterzogen werden.