




Das frostige Winterwetter hat nach Experteneinschätzung die Zahl der Arbeitslosen im Februar weiter steigen lassen. Insgesamt seien in dem Wintermonat rund 3,05 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit gewesen, berichteten Konjunkturforscher und Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Das wären rund 15.000 mehr als im Januar, aber rund 85.000 bis 90.000 weniger als vor einem Jahr. Die Fachleute berufen sich dabei auf eigene Berechnungen. Die Winterarbeitslosigkeit würde damit verhältnismäßig milde ausfallen. Die offiziellen Februar-Arbeitslosen will die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag bekanntgeben.
Zehn Jahre Hartz IV: Arbeitslosigkeit damals und heute
Rund 2,7 Millionen Menschen in Deutschland - das sind 6,3 Prozent - sind heute arbeitslos (Stand: Oktober 2014). Vor zehn Jahren war noch jeder Zehnte (10,1 Prozent) ohne Job, 4,4 Millionen Menschen hatten keine Arbeit (Stand: Oktober 2004). Im darauffolgenden Jahr erreichte die Arbeitslosigkeit mit rund fünf Millionen Arbeitslosen ihren Spitzenwert seit der Wiedervereinigung. Im Wesentlichen hing diese Entwicklung mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammen („Hartz-IV-Effekt“).
Den Zahlen nach zu urteilen haben Frauen heute wie damals kein größeres Risiko als Männer, arbeitslos zu werden. Der tatsächliche Anteil arbeitsloser Frauen dürfte dennoch höher liegen: Statistiker vermuten, dass insbesondere unter Frauen die stille Reserve höher liegt, weil viele keine Vermittlungschancen mehr sehen.
Im Jahresmittel 2004 betrug die Arbeitslosigkeit im Westen 8,5 Prozent, im Osten war sie mit über 18 Prozent mehr als doppelt so hoch.
Der Abstand hat sich inzwischen merklich verringert, ist aber weiterhin groß: Im Westen liegt die Quote heute bei etwa sechs Prozent, im Osten bei etwa zehn Prozent. Während das Potenzial an Menschen, die einer Arbeit nachgehen können, in Gesamtdeutschland stieg, sank es im Osten leicht.
Der Anteil der Arbeitslosen unter 25 Jahren ist in den vergangenen zehn Jahren zwar zurückgegangen. 2005 waren in dieser Altersgruppe noch knapp 15 Prozent arbeitslos, heute hat sich die Zahl mehr als halbiert. Ein Grund zum Jubeln ist das aber nur bedingt: Schließlich sinkt aus demografischen Gründen seit Jahren die Zahl der jungen Erwachsenen insgesamt. Die Arbeitslosenquote der Unter-25-Jährigen liegt seit zehn Jahren konstant etwa drei Prozentpunkte über der Gesamtquote.
In den vergangenen zehn Jahren stieg der Anteil der 55- bis 64-Jährigen an der Gesamtarbeitslosigkeit von 25 auf über 33 Prozent. In absoluten Zahlen waren aber weniger Ältere arbeitslos. Denn auch hier spielt die demografische Entwicklung eine Rolle. 2005 waren gut 15 Millionen Menschen zwischen 50 und 64 Jahre alt, 2015 werden es bereits über 18 Millionen sein. In dieser Gruppe hat sich der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seit 2005 um knapp zehn Prozentpunkte erhöht, denn die Zahl der arbeitenden Älteren ist auf knapp 9 Millionen angestiegen.
Die bei der Bundesarbeitsagentur gemeldeten offenen Stellen sind in den vergangenen zehn Jahren mehr geworden - mit einem deutlichen Knick zur Finanzkrise 2009. Im Jahr 2005 waren 256.000 Stellen als offen gemeldet, 2013 waren es 434.000. Seit 2012 ist die Zahl der offenen Stellen wieder rückläufig.
Noch kaum spürbar sind nach Ansicht der Volkswirte die Auswirkungen des zum Jahresanfang eingeführten Mindestlohns von 8,50 Euro auf den Arbeitsmarkt. Volkswirt Heiko Peters von der Deutschen Bank rechnet damit erst in den kommenden Monaten. Derzeit werde der Effekt von der guten Konjunktur und der Frühverrentungswelle im Zuge der abschlagsfreien Rente mit 63 abgemildert.
Nach Erkenntnissen von Ifo-Experte Steffen Henzel sind vom Mindestlohn bisher hauptsächlich Mini-Jobber betroffen. Ihre Zahl habe sich schon im November 2014 um 23.000 verringert. Anscheinend hätten Unternehmen bereits im Vorgriff auf die am Jahresanfang in Kraft getretene Mindestlohnregelung geringfügig entlohnte Jobs abgebaut.
Nach den Prognosen der Volkswirte dürfte die wieder erstarkende Konjunktur in den kommenden Monaten für einen unerwartet kräftigen Schub auf dem deutschen Arbeitsmarkt sorgen. Im Jahresschnitt könnte die Zahl der Erwerbslosen 2015 um 80.000 bis 100.000 sinken. Ursprünglich waren sie noch von einem weitaus geringeren Rückgang der Arbeitslosigkeit ausgegangen.
Unterdessen haben die vollen Auftragsbücher der Unternehmen das Stellenangebot weiter wachsen lassen. Nach Erkenntnissen der Bundesagentur für Arbeit (BA) gab es im Februar so viele freie Stellen wie selten zuvor. Ihre Zahl sei auf den höchsten Stand seit dem Beginn entsprechender Aufzeichnungen vor elf Jahren geklettert, zeigt der am Mittwoch veröffentlichte Stellenindex BA-X der Nürnberger Bundesbehörde.
Der Indikator stieg im aktuellen Monat auf den Wert von 183 und lag damit um einen Punkt über dem im Januar gemessenen bisherigen Höchststand. Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte sich der Umfang der freien Stellen um 20 Punkte. Die absolute Zahl der von Unternehmen angebotenen Jobs will die Bundesagentur erst zusammen mit den Arbeitslosenzahlen veröffentlichen.