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Entweder du kannst Gucci, oder du kannst gehen

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Die Inflation wird zum Stresstest für alle CEOs. Nur wer starke Marken aufgebaut hat, kann jetzt höhere Preise durchsetzen. Der Rest endet in der Margenfalle.

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Da ist sie wieder, die Geschichte mit der Badehose. Sie gehört zum Standardrepertoire von Investmentlegende Warren Buffett. „Man sieht erst, wenn die Ebbe kommt, wer die ganze Zeit über ohne Badehose geschwommen ist“, umschreibt das Orakel von Omaha seinen Indikator für gute Unternehmensführung. Und der ist – abgesehen von der nicht genderneutralen Badehose – aktueller denn je.

Denn erst in schwierigen Zeiten zeigt sich, wer in den vergangenen Jahren ein funktionierendes Geschäftsmodell auf einem belastbaren Fundament betrieben hat. Und was könnte schwieriger sein als eine drohende Wachstumsflaute bei einer Inflationsrate von sieben und mehr Prozent?

Lange wollte es kaum einer wahrhaben. Die Europäische Zentralbank (EZB) hielt die Geldentwertung bloß für eine vorübergehende Folge des coronabedingten Lieferkettenchaos. Warner, wie die WirtschaftsWoche, wurden von EZB-Granden als fahrlässige Schwarzmaler diffamiert. Inzwischen wächst die Überzeugung, dass die Inflation gekommen ist, um zu bleiben. Zusätzlich zur Pandemie heizen nun auch der Ukrainekrieg und die damit verbundene Loslösung des Westens von russischen Energie- und Rohstofflieferungen die Preisrally immer weiter an.

Womit wir wieder bei den Badehosen wären. Die Unternehmen geben die Kosten für teurere Vorprodukte und Produktion weiter – falls die Kunden mitmachen. Nur wer seine Marke mit genügend echter (oder gefühlter) Einzigartigkeit aufgeladen hat, kann trotz Inflation seine Preise setzen und die Marge sichern. Luxushersteller wie Louis Vuitton, Gucci, Porsche und Co. machen es vor, ebenso Weltmarktführer aus dem Mittelstand – und Lebensmittelmultis wie Nestlé.

Prompt wird deren Praxis verurteilt, zum Beispiel vom Chef des Handelskonzerns Rewe: „Da haben alle großen Multinationalen gesagt: ,Da ist die Möglichkeit, dass wir noch mehr Dividende ausschütten nächstes Jahr‘“, beklagt sich Lionel Souque, „das sind unglaubliche Preiserhöhungen, die wir noch nie in unserer Karriere gesehen haben.“

Doch solange kein Missbrauch von Marktmacht vorliegt, ist das Vorgehen völlig legitim, auch wenn es im Fall von Grundnahrungsmitteln ein Geschmäckle haben mag. Managerinnen und Manager profilloser Mittelmaßfirmen schaden der Volkswirtschaft ungleich mehr. Sie verschleudern seit Jahren Ressourcen für maue Marken – und stehen bald nackt da. So wie ihre Mitarbeiter.

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