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Quelle: REUTERS

Wer um Himmels willen bewilligt Steuergelder für VW???

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Die Abhängigkeit vom Öl muss sinken. Das folgt aus dem Fall Saudi-Arabien und dem Klimawandel. Doch das rechtfertigt keine staatlichen Fördersünden, findet WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli.

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Zuerst die gute Nachricht: John Bolton wurde als Sicherheitsberater des US-Präsidenten rechtzeitig gefeuert. Wenige Tage bevor Huthi-Rebellen die saudische Ölindustrie mit einem Drohnenangriff treffen, schmeißt Donald Trump den Hardliner raus. Bum-Bum-Bolton gilt als Kriegstreiber. Bereits 2015 wollte er den Iran wegen dessen Atomprogramm bombardieren. Die Attacke der von Teheran unterstützten Huthis ist für Leute wie ihn eine Steilvorlage. Ob allerdings sein Nachfolger Robert O'Brian harmloser ist, kann noch keiner sagen. Trump kann jedenfalls keinen ausgewachsenen Krieg gebrauchen. Wähler und Wirtschaft goutieren allerhöchstens einen gezielten Schlag zur Gesichtswahrung als Weltpolizist.

Auch aus strategischen Gründen muss Trump keine Armee-Offensive führen, zumindest nicht wegen des Öls. Vorbei die Zeiten, als die Industriestaaten wie Süchtige am Tropf der Öldealer im Nahen Osten hingen. Ein Preisschock mit anschließender Rezession wie in den Siebzigern wiederholt sich nicht. Die USA können dank Fracking heute in die Bresche springen. Zudem haut die jüngste Preisrally niemanden um, weil die Abhängigkeit vom Öl im Westen aufgrund technischer Innovationen zurückgeht, auch in Deutschland.

Immun gegen Petro-Schocks ist man allerdings nicht. Und das sollte das Fernziel sein – aus zwei Gründen: Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Die Abkehr vom Öl macht Deutschland souveräner und sauberer. Kein Wunder, dass etwa Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier eine Wasserstoffoffensive propagiert. Hergestellt aus erneuerbarer Energie made in Germany lassen sich damit gleich zwei Probleme auf einmal lösen.

Allerdings gerät der Fördereifer mitunter außer Kontrolle. Wer um Himmels willen bewilligt in Berlin Subventionen für eine profitable Autoindustrie, um den Bau von Wasserstoffautos zu fördern? Welche Skrupel hat ein Unternehmen wie VW, nach Dieselgate Steuergelder anzunehmen, zumal CEO Herbert Diess die Wasserstofftechnologie für „Unsinn“ hält?

Es kann nicht sein, dass der Staat Konzernen neue Produkte finanziert – auch nicht im Namen des Klimaschutzes. Er soll Grundlagenforschung ermöglichen, Entwicklungen steuerlich fördern, aber sicher nicht direkt finanzieren. Das Geld würde in Kitas dringender gebraucht, die machen nämlich keine Milliardengewinne. Offenbar fehlt in Deutschland ein Bum-Bum-Bolton, der den Förderdschungel bombardiert. Das ist die schlechte Nachricht.

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