Bank of England Mark Carney signalisiert geldpolitische Lockerung

Das Brexit-Votum sorgt für düstere Wirtschaftsprognosen in Großbritannien. Notenbankchef Mark Carney hat eine geldpolitische Lockerung in den kommenden Monaten angekündigt. Von einer Rezession will er nicht sprechen.

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Die Bank of England werde nicht zögern zu handeln, sofern dies zur Stützung der Wirtschaft oder des Finanzsystems nötig sei. Quelle: AFP

London Die Frage ist klar und eindeutig. Doch Mark Carney, Chef der Bank of England, versucht sich um eine unmissverständliche Antwort herumzudrücken. Ob seine Rede an diesem Donnerstag, eine Woche nach dem historischen EU-Referendum in Großbritannien, das Ausmaß der Wirtschaftskrise zeige, in das das Land sich gerade reinmanövriert habe, will ein Journalist wissen.

Carney wird weitschweifig an der Stelle: Es habe wohl eher damit zu tun, dass sich der Aufgabenbereich der Notenbank in den vergangenen Jahren ausgedehnt hätte, sagt er. Und damit, dass die Anforderungen der Öffentlichkeit, der Wirtschaft und der Medien an die Transparenz einer Notenbank zugenommen hätten.

Doch die vielen Worte können nicht verbrämen: Es ist ein beispielloser Auftritt, den der Notenbank-Chef da hinlegt. In einer Zeit, in der interne Machtkämpfe die Regierungspartei und Opposition lähmen und die Unsicherheit über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und die EU für massive Verwerfungen an den Finanzmärkten sorgt, stellt sich Carney hin, versucht alle Briten zu beruhigen, das Machtvakuum zu füllen und zu signalisieren: Er werde alles tun, was in seiner Macht steht, um die Folgen des Brexit-Referendums abzumildern. Dazu wird voraussichtlich vor allem eine geldpolitische Lockerung gehören, die Carney am Donnerstag für die Sommermonate in Aussicht stellte.

Die Bank of England werde nicht zögern zu handeln, sofern dies zur Stützung der Wirtschaft oder des Finanzsystems nötig sei, versprach er. Zudem werde man künftig den Banken wöchentlich Liquiditätshilfen zur Verfügung stellen. Auch andere Schritte würden erwogen. Carney warnte zugleich, mehr könne er nicht tun, um die Wirtschaft zu schützen.

Das britische Pfund fiel nach Carneys Rede auf ein Tagestief. Parallel dazu legten die Aktienkurse britischer Unternehmen deutlich zu. Der Leitindex an der Londoner Börse, der FTSE 100, stieg auf ein Zehn-Monats-Hoch.

Carneys Rede richtete sich aber nicht nur an Investoren, Banker und Finanzexperten, er versuchte auch die Bevölkerung allgemein zu beruhigen. Die Menschen machten sich Sorgen um die Inflation und um ihre Jobs, sagte er. Und schob einen kleinen Witz ein. „Werde ich meinen Job verlieren?“ fragte er – in Anspielung an die Brexit-Befürworter, die teilweise seinen Rücktritt gefordert hatten. Carney hatte vor dem Referendum gewarnt, ein EU-Austritt könnte das Land in eine Rezession stürzen. Europa-Kritiker fanden, er ginge damit zu weit und mische sich mit solchen Warnungen zu sehr in politische Angelegenheiten ein.

Bei seinem Auftritt am Dienstag versucht er das Wort „Rezession“ zu vermeiden. Man müsse abwarten und sehen, wie die Wirtschaftsprognose aussehen werde, die die Bank of England im August abgeben werde. Die Bank of England werde aber alles tun, was möglich sei, um Wirtschaftswachstum, Jobs und Löhne in einer Zeit großer Unsicherheit zu stützen.

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