Bankenaufseher in Santiago de Chile Das Feilschen um neue Kapitalvorschriften

In wenigen Tagen werden Bankenaufseher in Santiago de Chile über neue Kapitalvorschriften feilschen. Neuregelungen sind vor allem für große Institute wichtig. Doch die Einigung steht auf der Kippe.

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In der Andenstadt kommen Bankenaufseher aus aller Welt zusammen, um über neue Kapitalvorschriften zu reden. Quelle: dpa

Frankfurt Die deutschen Banken blicken nächste Woche mit Spannung über den Atlantik. Am 28. und 29. November kommen in Santiago de Chile Bankenaufseher aus aller Herren Länder im Basler Ausschuss zu einer womöglich entscheidenden Sitzung zusammen. Sie wollen in der Andenstadt neue Kapitalvorschriften für Banken weltweit festgelegen.

Das Regelwerk, das in der Branche „Basel IV“ genannt wird, könnte gerade für große Institute wie die Deutsche Bank enorme Auswirkungen haben. „Das ist wichtiger als der Brexit“, sagt ein Banker. Ob es in Santiago zu einer Einigung kommt, ist allerdings ungewiss – auch wegen der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten.

Schon vor der US-Wahl lagen die Vorstellungen in Europa und Amerika über die künftigen Kapitalregeln für Banken weit auseinander. Strittig ist vor allem der Einsatz von internen Modellen, mit denen viele Großbanken berechnen, wie viel Eigenkapital sie für Kredite und andere Geschäfte zur Seite legen müssen. Ihrem Einsatz wollen die USA nun enge Grenzen setzen. Die deutschen Geldhäuser fürchten dadurch kräftigen Gegenwind. Alleine für die 17 größten deutschen Institute könnte ein zusätzlicher Kapitalbedarf von 78 Milliarden Euro entstehen, warnte der Branchenverband VÖB unlängst.

Auch BaFin-Präsident Felix Hufeld hat mehrfach deutlich gemacht, dass die Vorschläge in ihrer aktuellen Form für Deutschland nicht akzeptabel sind. Wenn es keine deutlichen Zugeständnisse von amerikanischer Seite gebe, müsse Europa die Verhandlungen eben platzen lassen.

Für Investoren und Banken wäre ein Scheitern jedoch ein fatales Signal, deshalb gab es zuletzt auch aus Deutschland vermehrt versöhnliche Töne. Ziel sei es, in Chile „nicht zu vertagen, sondern abzuschließen“, betonte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. Insidern zufolge gibt es dafür auch politische Motive. Deutschland übernimmt im Dezember den Vorsitz bei der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20). Ein geplatztes Abkommen über Banken-Regeln, für dessen Scheitern manche Deutschland verantwortlich machen könnten, wäre dabei ein denkbar schlechter Start.

Hinzu kommt, dass viele gerne einen Deal eintüten würden, bevor Trump im Januar ins Weiße Hause einzieht. Der neue US-Präsident hat im Wahlkampf angekündigt, nach der Finanzkrise eingeführte Regeln auf den Prüfstand zu stellen oder ganz abzuschaffen. Vor diesem Hintergrund gibt es in Europa allerdings große Zweifel, ob die amerikanischen Abgesandten in Chile überhaupt noch die Rückendeckung haben, einem folgenreichen Kompromiss zuzustimmen. „Die amerikanische Seite ist derzeit sehr schwer einzuschätzen“, sagt ein EU-Bankenaufseher. „Wir müssen uns da überraschen lassen.“

Bislang sehen die Planungen vor, dass in Santiago das Regelwerk finalisiert und im Januar von den Chefs der Notenbanken und Aufsichtsbehörden (GHOS) verabschiedet wird. Falls es in Chile zu keiner Einigung kommt, könne man die Entscheidung über wenige wichtige Fragen jedoch auch den Notenbankchefs überlassen, sagten mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen. Umstritten ist vor allem die Frage, wie stark der Einsatz interner Modelle durch bestimmte Hürden („Output-Floors“) beschränkt werden soll.

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