Benoit Coeure Regierungen müssen sich auf Zinswende vorbereiten

Die europäischen Regierungen müssen sich auf lange Sicht auf "ultraniedrige Zinsen" einstellen. Die EZB hält ihre Leitzinsen schon seit vielen Monaten auf einem Rekordtief.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Benoit Coeure: Regierungen müssen sich auf Zinswende vorbereiten Quelle: dpa

EZB-Direktor Benoit Coeure hat Regierungen und andere Wirtschaftsakteure aufgefordert, sich auf ein Ende der jahrelangen Phase ultraniedriger Zinsen einzustellen. "Es ist offensichtlich, dass der Finanzsektor und andere Wirtschaftsakteure, vor allem Regierungen, sich vorbereiten müssen", sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsgremiums der Europäischen Zentralbank (EZB) am Montag in Paris. "Ich hoffe, dass die Regierungen in der Euro-Zone wissen, dass die Zinsen nicht auf dem aktuellen Niveau bleiben werden."

Die EZB hält ihre Leitzinsen schon seit vielen Monaten auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zudem pumpt sie über den Kauf von Anleihen und anderen Wertpapieren Woche für Woche Milliarden in das Finanzsystem des Währungsraums. Mit den auf 2,28 Billionen Euro angelegten Käufen will sie Geldhäuser unter anderem dazu anregen, mehr Kredite an die Wirtschaft auszureichen. Das stützt die Konjunktur und soll so auch die nach dem Geschmack der EZB immer noch zu niedrige Inflation anheizen. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hält die ultralockere Geldpolitik weiterhin für angemessen, wie er der spanischen Zeitung "Expansion" (Montagausgabe) sagte.

Die Negativ-Zinsen der Notenbank waren aus Sicht von Coeure bislang geldpolitisch wirksam. Diese dürften aber nicht zu lange bestehen, wegen der Gefahr, dass Banken dadurch geschwächt werden, sagte der Franzose. Der sogenannte Einlagensatz liegt aktuell bei minus 0,4 Prozent. Geldhäuser müssen somit Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht bei der EZB überschüssige Liquidität parken. Banken klagen schon seit längerem, dass die Politik der Mini-Zinsen es ihnen immer schwerer macht, im angestammten Kreditgeschäft auskömmliche Gewinne zu erzielen. Gefahren für das Funktionieren der Märkte oder Risiken für die Finanzstabilität durch die Geldflut kann Coeure derzeit nicht erkennen. Die Euro-Wächter blieben aber wachsam. "Der EZB-Rat werde weiterhin diese Entwicklungen sorgfältig beobachten."

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%