Benzinpreis Achterbahnfahrt an der Tankstelle

Bis zu 14 Mal täglich ändern sich in Deutschland mittlerweile die Spritpreise. Das bringt Pächtern Probleme - und Verbraucherschützer beklagen ein "Verwirrspiel" für Autofahrer.

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Die Tankstelle an der Fischerstraße im Zentrum von Düsseldorf ist gut besucht: Der Rückstau reicht bis auf die Straße. 1,17 Euro kostet der Liter Diesel um acht Uhr, viele Autofahrer füllen sich vor Arbeitsbeginn noch kurz den Tank. Gut fürs Portemonnaie ist der Zeitpunkt allerdings nicht. Mittags wird der Sprit hier nur noch 1,11 Euro kosten, und um 18 Uhr nur noch 1,07. Bei 50 Liter Diesel macht das eine Differenz von fünf Euro auf der Tankquittung.

Das Auf und Ab der Spritpreise regte die Autonation Deutschland schon immer auf. Doch so volatil wie derzeit ging es an den Tankstellen selten zu. Bis zu 14 Mal ändern Shell, Aral und Co. mittlerweile ihre Preise über den Tag, beklagen sich die im Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche Deutschland organisierten Pächter.

Für viele von ihnen ist das ein Problem. Die Autofahrer wissen, dass es sich zwischen 17 und 19 Uhr am billigsten tanken lässt. Nun verkaufen die Pächter weniger Frühstücksnacks, das Shopgeschäft leidet, das den Tankstellenbetreibern 57 Prozent ihres Gewinns einbringt.

Wie sich der Benzinpreis zusammensetzt

Verbraucherschützer wie Björn Rickert von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bezeichnen die häufigen Preisänderungen als „Verwirrspiel“ und vermuten „abgesprochene Preiswegelagerei der Mineralölwirtschaft“. Doch Ökonomen sehen in den Sprüngen an der Zapfsäule ein positives Signal. „Dass sich die Preise häufiger ändern, ist ein gutes Zeichen für den Wettbewerb“, sagt der Düsseldorfer Ökonom und frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap. „Zahlreiche empirische Studien belegen, dass Kartelle eher stabile Preise bevorzugen, während Wettbewerbsmärkte durch häufige Preisänderungen gekennzeichnet sind.“

Intensiver Wettbewerb unter Tankstellenbetreibern

Mangelnde Konkurrenz sei vor allem ein Problem im Raffineriebereich, unter den Tankstellen hingegen sei „der Wettbewerb sehr intensiv“. Zumal der Kraftstoffabsatz in Deutschland seit Ende der Neunzigerjahre kontinuierlich fällt, die Anzahl der Tankstellen aber nur langsam zurückgeht. Durch die so entstehenden Überkapazitäten verschärft sich der Kampf um Marktanteile zwischen den rund 14.500 deutschen Spritstationen.

Wer vom billigen Öl profitiert – und wer verliert
Jemand arbeitet an einer Tragfläche eines Flugzeugs Quelle: PR
Autos Quelle: AP
Jemand greift nach Körperpflegeprodukten in einem Regal Quelle: REUTERS
Containerschiff Quelle: dpa
Lastwagen der Deutschen Post Quelle: dpa
Packungen mit Medikamenten Quelle: dpa
Anlage mit Tank, auf dem BASF steht Quelle: dpa

Auch die vor anderthalb Jahren eingeführte Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) beim Bundeskartellamt spielt eine Rolle bei den preislichen Achterbahnfahrten. An diese Einrichtung müssen die Anbieter jede Preisänderung sofort melden. Seitdem können sich Autofahrer auf dem Smartphone mithilfe diverser Spritpreis-Apps die günstigste Tankstelle in der Nähe anzeigen lassen.

Laut Bundeskartellamt können es bei Superbenzin bis zu 20 Cent je Liter sein, die Autofahrer an der günstigsten Tankstelle in der Nähe sparen können. Auch innerhalb einer Tankstellenkette kann die Differenz groß sein. „Unsere Pächter beobachten den Wettbewerb vor Ort und können bei der Zentrale Anträge auf Preisanpassung stellen“, heißt es bei Aral. Doch auch die Zentrale redet mit: Ändern sich die Raffinerietarife für Diesel oder Benzin, diktieren sie den Pächtern deutschlandweite Preisänderungen.

Im Schnitt senken die Tankstellen laut Kartellamt ihre Preise drei bis vier Mal über den Tag um jeweils wenige Cent je Liter. Aber wer ständig Preise senkt, muss sie auch irgendwann wieder anheben; sonst bleibt der Gewinn auf der Strecke. Abends sinkt der Wettbewerbsdruck, da insbesondere viele freie Tankstellen schließen. Dann folgt auf die kleinen Preissenkungen des Tages eine große Erhöhung. Nach 19 Uhr steigen die Spritpreise um etwa fünf Cent je Liter, nachts erreichen sie ihren Höhepunkt und bröckeln am Folgetag dann wieder in kleinen Schritten ab – bis zur erneuten abendlichen Erhöhung.

Nach einer Untersuchung des Bundeskartellamts erhöhen dabei zunächst die Marktführer Shell und Aral die Preise. Ziemlich exakt eine Stunde später folgen Esso und Total, ab 23 Uhr dann auch Jet.

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