BIP schrumpft um 1,8 Prozent Deutsche Wirtschaft nach Konjunktureinbruch startklar für Aufschwung

Die erneuten Einschränkungen im Zuge der Bekämpfung des Coronavirus bremsten den privaten Konsum, der normalerweise eine verlässliche Stütze der heimischen Konjunktur ist. Quelle: dpa

Der private Konsum bricht im zweiten Corona-Lockdown ein. Die deutsche Wirtschaft schrumpft zu Jahresbeginn stärker als zunächst angenommen. Ist die Corona-Krise damit nun ausgestanden?

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Nach der wirtschaftlichen Vollbremsung zu Jahresbeginn mehren sich die Anzeichen für einen Post-Corona-Boom in Deutschland. Immer mehr Menschen sind gegen das Corona-Virus geimpft, und die Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie werden zunehmend gelockert. Die Stimmung in den Unternehmen ist so gut wie seit langem nicht. Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) allerdings vor allem wegen eines deutlichen Rückgangs des Privatkonsums um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.

Der Rückgang der Wirtschaftsleistung fiel damit etwas stärker aus als zunächst angenommen. In einer ersten Schätzung hatte die Wiesbadener Behörde das Minus auf 1,7 Prozent beziffert. Die privaten Konsumausgaben brachen infolge des Lockdowns um 5,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal ein. Normalerweise ist der Konsum eine verlässliche Stütze der heimischen Konjunktur. „Bleiben Läden, Kinos und Theater zu, nimmt die Volkswirtschaft einen deutlichen Schaden“, erläuterte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

Dämpfend wirkte auch das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung zum Jahreswechsel. Verbraucher hatten wegen der niedrigeren Steuersätze Anschaffungen auf das zweite Halbjahr 2020 vorgezogen. Diese Käufe fehlten nun in der Konsumstatistik der ersten drei Monate des laufenden Jahres.

Mangels Konsummöglichkeiten und dank weitgehend stabiler Einkommen in der Krise sparten die Menschen wie die Weltmeister. Nach vorläufigen Angaben der Statistiker stieg die Sparquote im ersten Quartal auf 23,2 Prozent. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen legten die Haushalte somit im Schnitt gut 23 Euro auf die hohe Kante. Ökonomen rechnen damit, dass Verbraucher in den kommenden Monaten einen Teil des Konsums nachholen und damit die Konjunktur anschieben.

„Es zeichnet sich ein entspannter Sommer ab, der die Ladenkassen in den deutschen Innenstädten klingeln lassen wird“, meinte Volkswirt Gitzel. „Vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe wird sich auf einen Besucheransturm freuen können.“

Der Lockdown belastete vor allem Dienstleister. In der Industrie stehen die Zeichen schon seit geraumer Zeit auf Erholung. Die Auftragsbücher sind wieder gut gefüllt, und das starke Wachstum der Weltkonjunktur hilft der Exportnation Deutschland. Im ersten Quartal stiegen die Importe von Waren und Dienstleistungen (plus 3,8 Prozent) allerdings deutlich stärker als die Exporte (plus 1,8 Prozent).

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verbesserte sich im Mai überraschend deutlich. Das Ifo-Geschäftsklima stieg auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Sowohl die Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen als auch die Lagebeurteilung hellten sich auf. „Die deutsche Wirtschaft nimmt Fahrt auf“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Vor allem in Gastgewerbe und Tourismus kehrte Optimismus zurück.“ Der Großhandel profitiere weiter von der Industriekonjunktur. Die Einzelhändler hofften auf weitere Corona-Lockerungen.

Nach Einschätzung von ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski dürfte die deutsche Wirtschaft ihr Vorkrisen-Niveau noch vor Ende des laufenden Jahres erreichen. Die staatliche Förderbank KfW hob ihre Konjunkturprognose leicht an. Sie rechnet nun mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent im Gesamtjahr. „Deutschland und auch die ganze Eurozone starten in die konjunkturelle Aufholjagd“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Nach dem Absturz zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 hatte sich Europas größte Volkswirtschaft zunächst wieder erholt und war zwei Quartale in Folge teils kräftig gewachsen. Nach Einschätzung von Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung dürfte das erste Quartal das letzte Quartal mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Corona-Krise gewesen sein.

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Die Bundesregierung rechnete in ihrer jüngst angehobenen Prognose für das laufende Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent. Ökonomen der Deutschen Bank gehen in ihrer aktuellen Prognose von einem Plus von 4,0 Prozent aus. Die deutsche Wirtschaft sei „startklar für den Aufschwung“. Im vergangenen Jahr war das Bruttoinlandsprodukt nach neuester Berechnung um 4,8 Prozent eingebrochen. Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist zuversichtlich: „Endlich erwacht das wirtschaftliche Leben, es zeichnet sich ein Post-Corona-Boom ab.“

Mehr zum Thema: Um eine Überhitzung der Volkswirtschaft zu vermeiden, brauchen die USA einen schnellen Produktivitätszuwachs. Das ist ein ökonomisches Risiko für Joe Biden, warnt der US-Ökonom Barry Eichengreen.

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