Bundesbank-Chef Weidmann warnt vor Bargeld-Abschaffung

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt, die Abschaffung des Bargelds sei eine falsche und unverhältnismäßige Antwort auf den Negativzins. Trotzdem müssten sich die Währungshüter der Fluchttendenz ins Bargeld stellen.

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Bundesbank-Präsident Jens Weidmann während der Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt. Quelle: dpa

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat erneut betont, wie wichtig Bargeld als Zahlungsmittel ist. "Wir wollen den Bürgern die Zahlungsart ermöglichen, die sie sich wünschen", erklärte Weidmann bei der Vorstellung der Bilanz der Bank in Frankfurt. Zwar würde die Bedeutung von Zahlungen mit Bargeld etwas abnehmen, sagte der Volkswirt. Das geschehe allerdings nur in sehr kleinen Schritten.

Weidmann warnte davor, die Diskussion um eine Obergrenze für Barzahlungen mit der Abschaffung von Münzen und Scheinen gleichzusetzen. "Die Ziele, die mit einer Obergrenze erreicht werden sollen, sind durchaus unterstützenswert", sagte der Bundesbank-Chef. Dazu gehören unter anderem der Kampf gegen Geldwäsche oder Schwarzarbeit. Weidmann erklärte allerdings, er habe Zweifel, ob eine Obergrenze für Barzahlungen tatsächlich helfen könnte, wenn es darum gehe, das illegale Geschäft von Terroristen oder Kriminellen einzuschränken.


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In den vergangenen Wochen ist in Deutschland erneut eine lebhafte Diskussion um die Abschaffung von Scheinen und Münzen entstanden. Das Bundesfinanzministerium erwägt, Barzahlungen nur bis zu einer Höhe von 5000 Euro zu erlauben, um die Schattenwirtschaft zu bekämpfen. Angetrieben wurde der Vorschlag unter anderem von Transparency International. Die Wirkung einer solchen Obergrenze ist grundsätzlich umstritten, auch wenn bereits einige Länder sie eingeführt haben, wie Spanien oder Portugal.

Zwei getrennte Gedanken

Parallel wird immer wieder die Existenzberechtigung von Bargeld im Allgemeinen in Frage gestellt. Getrieben wird die Diskussion auch aus akademischen, geldpolitischen Kreisen. Ökonomen fürchten Fluchtreaktionen ins Bargeld, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) den Einlagezins noch weiter in den negativen Bereich senkt. Aus Angst vor Strafzinsen könnten Sparer anfangen, ihr Geld unter der heimischen Matratze zu lagern anstatt es ihrer Bank anzuvertrauen. Sprich: die EZB könnte die Zinsen noch weiter senken, wenn es kein Bargeld mehr gäbe.

"Es wäre fatal, wenn der Eindruck entstünde, die Diskussion um eine mögliche Obergrenze stelle einen Schritt hin zur Abschaffung des Bargelds dar", sagte Weidmann. Gleichzeitig bestritt der Bundesbankchef, es gäbe im EZB-Rat eine Absichtserklärung dafür, den 500-Euro-Schein abzuschaffen. "Wir diskutieren das", sagte Weidmann.

Das Abschaffen von Scheinen und Münzen sei eine "falsche und völlig unverhältnismäßige" Antwort auf die Nullzinsgrenze, sagte Weidmann. Zudem lasse sich nicht genau spezifizieren, wie niedrig das Zinsniveau sein muss, damit Sparer, aber vor allem institutionelle Investoren sich nach alternativen Lagermöglichkeiten für Bargeld umsehen. "Aber wir müssen uns dem stellen", erklärt Weidmann. Letztlich komme es eben auf die Opportunitätskosten zur Geldanlage auf Bankkonten an.

Die Fluchttendenz ins Bargeld ist nicht der einzige Aspekt, der negative Zinsen zu einem heiklen Instrument macht. Insbesondere die Banken leiden derzeit unter den negativen Einlagezinsen - die EZB verlangt einen Strafzins von minus 0,3 Prozent für Einlagen, die Banken bei der Zentralbank halten - und klagen über niedrige Erträge.

Eine gefährliche Abwärtsspirale - sinkende Profitabilität der Banken, welche die Konjunktur schwächt und die EZB zu einem noch niedrigerem Zins zwingt - sehe er aber nicht, erklärte Weidmann. Der Bundesbank-Chef räumte aber ein, dass es für die Geldinstitute schwieriger würde, je länger die Phase sehr niedriger oder sogar negativer Zinsen anhalte. Käme es am Ende zu einem Zinsschock, also einem schnellen Anstieg der Zinsen, könnte es gefährlich werden, da mit hohen Ausfallraten im Kreditbereich zu rechnen wäre.

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