Bundesbank-Veranstaltung Weidmann warnt vor nervösen Vermögensverwaltern

Bundesbank-Chef Jens Weidmann befürchtet, dass Risikoaufschläge plötzlich ansteigen könnten, je länger die EZB bei ihren Mini-Zinsen bleibt. Und das Risiko von Staatsanleihen in Bankbilanzen muss neu bewertet werden.

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Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidemann, bei einer Veranstaltung im Hauptquartier der Europäischen Zentralbank. Er hat erneut die EZB gewarnt, die Geldschleusen nur begrenzt offen zu lassen. Quelle: Reuters

Eltville Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt vor schädlichen Nebenwirkungen, falls die Zinsen noch lange auf dem derzeit historisch niedrigen Niveau bleiben. Vermögensverwalter könnten zunehmend nervös werden, je länger die Geldpolitik versuche, an den Niedrigzinsen festzuhalten, sagte Weidmann am Freitag auf einer Bundesbank-Veranstaltung in Eltville am Rhein. Die Gefahr bestehe, dass ein plötzlicher Anstieg der Risikoaufschläge wahrscheinlicher werde. „Geldpolitiker sollten das in Betracht ziehen, um unbeabsichtigte Konsequenzen zu vermeiden“, sagte Weidmann.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält schon seit geraumer Zeit ihre Geldschleusen weit offen. Der Leitzins liegt im Währungstraum seit März auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zudem müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht bei der EZB überschüssiges Geld parken. Der Einlagensatz liegt inzwischen bei minus 0,4 Prozent.

Nach der Einschätzung mehrerer Volkswirte wird die Europäische Zentralbank aber vorerst an ihrer ultra-lockeren Geldpolitik festhalten.  So geht die Investmentbank Morgan Stanley trotz des erwarteten Silberstreifs aber nicht davon aus, dass die EZB damit von ihrer grundsätzlichen Lagebeurteilung abrückt. „Wir erwarten keine wesentlichen Veränderungen der geldpolitischen Haltung oder des geldpolitischen Ausblicks“, schreiben die Experten.

Manche Beobachter fragen sich allerdings bereits, wie die EZB reagieren wird, wenn die Inflation allmählich wieder anzieht. „Wenn die Inflation in Richtung zwei Prozent ansteigt, wird es schwierig sein, das gegenwärtige Niveau der geldpolitischen Lockerung beizubehalten“, schätzt Ökonom Anatoli Annenkov von der Großbank Societe Generale noch Ende Mai. Ratsmitglieder wie etwa Weidmann fordern bereits seit längerem, dass die EZB ihre Geldschleusen nur so lange sperrangelweit offen halten sollte wie unbedingt nötig.

Auf der Veranstaltung in Eltville bekräftige Weidmann zudem seine Forderung nach einer Neuregulierung der Risikogewichtung von Staatsanleihen in den Bankbilanzen. „Besonders dringlich ist das in der Euro-Zone“, sagte er. Die Risikobewertung von Staatsbonds steht seit der Euro-Schuldenkrise im Blickpunkt von Regulierern.

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