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Bundesbank Weidmann warnt vor Urteil über EZB

Seit Montag kaufen Europas Notenbanken Staatsanleihen, auch die Bundesbank ist am Markt aktiv. Präsident Jens Weidmann warnt vor kurzfristigen Urteilen über mögliche Erfolge des Programms.

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Bundesbankpräsident Jens Weidmann Quelle: REUTERS

Die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) sind ein in Europa völlig neues geldpolitisches Instrument. Das muss auch die Bundesbank feststellen, die den deutschen Teil der Käufe schultert. Die eigentliche Verkündung der Jahreszahlen der Notenbank interessiert kaum jemanden. Fragen zu den Anleihekäufen gibt es dagegen haufenweise.

Gibt es überhaupt genug Anleihen zu kaufen? Wird solange gekauft, bis auch die Renditen zehnjähriger Bunds negativ sind? Wie ist die Stimmung bei den Händlern der Bundesbank? Hat Präsident Jens Weidmann am Montag gar selber den ersten Kauf getätigt?

Viele Fragen, die die Bundesbanker nicht alle beantworten möchten. "Unser Handelsraum ist kein Showroom", Führungen und ein Live-Dabeisein bei den Käufen der Staatsanleihen seien daher leider nicht möglich. Überhaupt warnte Präsident Weidmann davor, nach nur drei Handelstagen erste Urteile über die Folgen des milliardenschweren Anleihekaufprogramms zu fällen. "Die Marktteilnehmer lernen noch", erklärt Weidmann am Donnerstag.

Notenbanken rund um den Globus lockern ihre Geldpolitik

Der Volkswirt warnte davor, Rückschlüsse aus einzelnen Ausschlägen an den Anleihemärkten zu ziehen und daran die Wirkung der quantitativen Lockerung (QE) abzulesen. Zudem seien die derzeitigen Marktreaktionen eine Konsequenz aus sämtlichen geldpolitischen Maßnahmen der vergangenen Monate. Vor QE hatte die EZB bereits beschlossen, verbriefte Kredite und Pfandbriefe zu kaufen, auch langfristige Tender für Europas Banken hat es gegeben. "Es ist schwierig, die Effekte der einzelnen Maßnahmen zu trennen", erklärt Weidmann.

Draghi spricht von ersten Erfolgen

Während Weidmann vor kurzfristigen Urteilen warnt, hatte EZB-Präsident Mario Draghi am Mittwoch betont, das Kaufprogramm zeige bereits erste Erfolge.

Für Zweifel sorgt unter anderem die immer größer werdende Zahl an Bundesanleihen, deren Renditen im negativen Bereich liegen. Selbst siebenjährige Bundesanleihen rentieren mittlerweile negativ, im Zuge der Anleihekäufe könnten auch die Renditen noch länger laufender Anleihen in den Minusbereich rutschen. Kaufen darf die Bundesbank Anleihen bis zu einer negativen Rendite von -0,2 Prozent.

Weidmann räumte in diesem Zusammenhang ein, dass aus dem Kaufprogramm durchaus Verluste resultieren können. Das betreffe aber nicht nur die Bundesbank, sondern auch andere beteiligte Notenbanken. Zudem stehe ja der Ertrag im positiven Verhältnis zum Risiko, so Weidmann. Das Ausfallrisiko der Anleihen sei im Fall der Bundesbank eben sehr gering.

Bedeckt hielten sich die Bundesbanker auch was mögliche Käufer der Anleihen angeht. "Wir haben keine Hinweise darauf, dass die angestrebten Volumina nicht erreicht werden können", erklärte der für die Umsetzung der Käufe zuständige Bundesbankvorstand Joachim Nagel. Einen "Mangel an Verschuldung" gäbe es ja nun sicher nicht, ergänzte Weidmann.

EZB kaufte für 9,8 Milliarden Euro

Vor dem Start der Anleihekäufe waren Zweifel aufgekommen, ob es überhaupt genug willige Verkäufer für die Papiere geben würde. Insgesamt will die EZB monatlich Anleihen für 60 Milliarden Euro monatlich kaufen, die Anleihenkäufe der nationalen Notenbanken richten sich nach ihrem Kapitalanteil im Euro-System.

Insgesamt hat die EZB in den ersten drei Tagen des Programms Wertpapiere im Wert von 9,8 Milliarden Euro am Markt erworben, sagte EZB-Direktor Benoît Coeuré am Donnerstag auf einer Diskussionsveranstaltung in Paris. Die Laufzeit der seit Montag gekauften Papiere habe im Schnitt bei neun Jahren gelegen.

Für die Bundesbank beziffern Experten der Frankfurter Privatbank Metzler den Anteil am Kaufprogramm auf bisher etwa 600 Millionen Euro pro Tag. Die Metzler-Fachleute bezogen sich hierbei auf Informationen aus Marktkreisen. Die Aufkäufer der Bundesbank sollen dabei „auf keinerlei Probleme stoßen“, hieß es weiter.

Laut Nagel gibt es in der Regel drei Gebote, bis der Anleihenhandel dann zustande kommt. Fraglich ist noch, wie lange die Bundesbank die Papiere in ihren Büchern haben wird. Bisher, so Weidmann, gehe man aber davon aus, die Anleihen jeweils bis zu ihrer Fälligkeit zu halten.

Einen kleinen Einblick in den Handelsraum gewährte die Bundesbank also doch - wenn auch ohne "Showroom".

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