Chefposten in Brüssel EZB macht Rückzieher bei umstrittener Personalie

Die EZB sucht jetzt doch per Ausschreibung einen neuen Chef für ihr Brüsseler Büro – und reagiert damit auf interne Kritik. Zuvor war Stéphane Rottier ohne Stellenausschreibung für den Posten ernannt worden.

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Eine umstrittene Personalentscheidung sorgt für Ärger. Quelle: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) sucht jetzt doch per Ausschreibung einen neuen Chef für ihr Brüsseler Büro. Das geht aus einer Mitteilung aus dem Intranet der Notenbank hervor. Das Direktorium hatte im Juni entschieden, den Belgier Stéphane Rottier ohne Stellenausschreibung für den Posten zu ernennen. Der Vorgang, über den das Handelsblatt berichtet hatte, sorgte bei Arbeitnehmervertretern für Protest. Nun macht die EZB einen Rückzieher: Das Direktorium hat seinen Beschluss vom Juni annuliert.

Damit reagiere man auf eine „teilweise erfolgreiche persönliche Anfechtung durch Mitarbeiter“ heißt es in der Mitteilung, die dem Handelsblatt vorliegt. Die EZB wollte den Vorgang nicht kommentieren.

Der EZB-Personalrat hatte gewarnt, dass die Personalie als „eindrucksvolles Beispiel von Vetternwirtschaft“ wahrgenommen werde. Denn Rottier war vorher Berater von EZB-Direktoriumsmitglied Peter Praet und gilt als dessen enger Vertrauter. Die Notenbank hatte die Vorwürfe bestritten und darauf verwiesen, dass die Arbeit für ein Direktoriumsmitglied keinen Einfluss darauf habe, ob ein Kandidat für eine Position infrage komme oder nicht. Berufungen bei ihr basierten auf Fähigkeit und Leistung.

Der Fall hatte auch deshalb für Kritik gesorgt, weil das EZB-Direktorium mit Mario Draghi an der Spitze die Position zwei Wochen vor Rottiers Ernennung um eine Gehaltsstufe aufgewertet hatte, wodurch sich die Bezahlung um bis zu 40 Prozent erhöht. Für Rottier heißt das, dass er im Vergleich zu seinem vorherigen Posten gar um zwei Stufen besser bezahlt werden wird - er verdient mindestens rund 170 000 Euro pro Jahr. Aus Sicht der Personalvertreter weckte das den Verdacht der Vetternwirtschaft.

Denn Stéphane Rottier verbindet eine gemeinsame Karriere mit Peter Praet. Beide waren im Juni 2011 von der belgischen Notenbank nach Frankfurt gewechselt. Praet wurde Chefvolkswirt der EZB, Rottier sein Berater.

Die EZB dagegen begründete die Aufwertung der Stelle damit, dass man die Tätigkeit in Brüssel stärken und das Gehalt an das des Leiters des Büros in Washington angleichen wolle.

Rottier erhielt den Brüsseler Job über eine sogenannte Reserveliste. Er hatte sich als Leiter des Büros in Washington beworben und dafür ein Einstellungsverfahren durchlaufen. Dabei war er nicht zum Zuge gekommen, aber auf die Reserveliste gesetzt worden. Darauf landen Bewerber, die für einen Posten als geeignet eingestuft, aber bislang nicht berücksichtigt wurden. Die Listen werden nicht veröffentlicht.

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