In der Wirtschaft der Eurozone hat die Corona-Krise tiefe Spuren hinterlassen. Trotz einer starken Erholung in den Sommermonaten von dem historischen Corona-Einbruch im Frühjahr ist die Wirtschaft im Gesamtjahr 2020 so stark geschrumpft wie noch nie seit Gründung des Währungsraums. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im Jahresvergleich um 6,8 Prozent gesunken, teilte das europäische Statistikamt Eurostat am Dienstag mit. 2019 war die Wirtschaftsleistung noch um 1,3 Prozent gestiegen.
Der konjunkturelle Rückschlag 2020 ist deutlich stärker als in der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise, als die Wirtschaft der Eurozone 2009 um 4,5 Prozent geschrumpft war. Nach der Erholung in den Sommermonaten 2020 legte die Konjunktur im Herbst wegen neuer Beschränkungen wieder den Rückwärtsgang ein. In den Monaten Oktober bis Dezember schrumpfte die Wirtschaftsleistung im Quartalsvergleich um 0,7 Prozent. Im dritten Quartal war die Wirtschaft noch um 12,4 Prozent gewachsen.
Damit fiel das Minus jedoch nicht so kräftig aus wie von Experten erwartet, die einen Einbruch von 1,0 Prozent auf dem Zettel hatten. „Damit hat der erneute Lockdown bisher offenbar weniger Schaden angerichtet als viele Ökonomen befürchtet hatten“, erklärte der DWS-Chefvolkswirt für Europa, Martin Moryson. Dabei zeige sich einmal mehr, dass Deutschland offenbar „ganz gut“ durch die Krise komme mit einem Plus von 0,1 Prozent im Schlussquartal.
Italiens Wirtschaft erwischte es wesentlich härter: Wegen des dortigen Lockdowns schrumpfte das BIP zwischen Oktober und Dezember zum Vorquartal um 2,0 Prozent. Im Gesamtjahr brach die Konjunktur in der nach Deutschland und Frankreich drittgrößten Volkswirtschaft des Währungsraums um 8,8 Prozent ein und damit so stark wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft schrumpfte 2020 um fünf Prozent. Italien ist von der Virus-Pandemie besonders schwer getroffen worden und hat mit massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens auch die Wirtschaft gebremst. Hinzu kommt derzeit eine Regierungskrise.
Auch Frankreichs Wirtschaft legte Ende vorigen Jahres den Rückwärtsgang ein und schrumpfte um 1,3 Prozent. Einen Hoffnungsschimmer lieferte Spanien, dessen Wirtschaft von Oktober bis Dezember um 0,4 Prozent zulegte.
Nach Einschätzung von Ökonomen wird die Wirtschaft zu Beginn des laufenden Jahres weiter durch die Corona-Krise belastet. „Im ersten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Euroraum noch stärker sinken“, warnte Christoph Weil, Analyst der Commerzbank. Denn anders als im Schlussquartal 2020, in dem Einschränkungen vor allem im Dezember bremsten, dürfte die Wirtschaft im gesamten ersten Quartal durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie spürbar beeinträchtigt werden.
Ab dem Frühjahr sei wieder mit einer Erholung zu rechnen, deren Ausmaß allerdings von der Impfkampagne abhänge. „Alle Ressourcen und Anstrengungen, die zu einer raschen Verbesserung des Impftempos führen, würden sich mehr als auszahlen“, führte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib aus. Auch BDI-Präsident Siegfried Russwurm mahnte, nach der Verständigung auf eine Impfstrategie müssten in Deutschland Bund und Länder ihren Worten jetzt Taten folgen lassen und den nationalen Impfplan rasch mit konkretem Inhalt füllen.
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