Coronakrise Aufträge der deutschen Industrie erholen sich kaum vom Einbruch

Die deutsche Industrie erhält weniger Aufträge als von Ökonomen erwartet. Quelle: dpa

Die Industrie steht vor schwierigen Monaten. Der Materialmangel belastet die Lieferketten und jetzt bleiben auch noch die Aufträge hinter den Erwartungen zurück. Die Unternehmen reagieren mit mehr Kurzarbeit.

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Die deutsche Industrie hat sich im September wegen der sinkenden Nachfrage aus dem Inland und der Euro-Zone vom zuvor erlittenen Auftragseinbruch nur wenig erholt. Die Unternehmen zogen 1,3 Prozent mehr Bestellungen an Land als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten allerdings mit einem Wachstum von 2,0 Prozent gerechnet. Im August hatte es noch einen Rückgang um revidiert 8,8 Prozent gegeben, der damit deutlich größer ausfiel als zunächst mit 7,7 Prozent angegeben – es war der größte Einbruch seit April 2020, als die Corona-Krise für eine Nachfrageflaute sorgte.

Ökonomen sehen für die Industrie angesichts des anhaltenden Materialmangels vor schwierigen Monaten, auch wenn die Aufträge im abgelaufenen dritten Quartal insgesamt gestiegen sind. „Wegen des Materialmangels kann die Industrie das allerdings kaum in eine steigende Produktion ummünzen“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Hinzu komme, dass die neue Corona-Welle in China wieder zu Schließungen von Fabriken führen dürfte, die für den Nachschub der deutschen Industrie wichtig seien. „Die deutsche Wirtschaft wird im vierten Quartal wohl kaum wachsen“, so die Prognose des Ökonomen. Im Sommerquartal hatte es noch zu einem Plus von 1,6 Prozent gereicht.

Für das Auftragswachstum im September sorgte allein die anziehende Auslandsnachfrage. Sie stieg um 6,3 Prozent zum Vormonat. Dabei sanken die Aufträge aus der Euro-Zone zwar um 7,3 Prozent, doch die aus dem restlichen Ausland kletterten dafür um 14,9 Prozent. Die Bestellungen aus dem Inland ließen um 5,9 Prozent nach und damit bereits den dritten Monat in Folge. Dass es bis zur Erholung von der Corona-Pandemie noch ein weiter Weg ist, zeigt auch die Umsatzentwicklung in der Industrie: Die Einnahmen fielen im September um 0,3 Prozent niedriger aus als im Vormonat und blieben kalenderbereinigt sogar um 2,9 Prozent unter dem Vorjahresniveau.



Die Unternehmen reagieren darauf mit mehr Kurzarbeit. Gegen den gesamtwirtschaftlichen Trend stieg die Zahl der davon betroffenen Industriebeschäftigten im Oktober um 20.000 auf 226.000, wie das Ifo-Institut herausfand. „Der Engpass bei den Vorprodukten würgt die Produktion regelrecht ab“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Beim gegenwärtigen Auftragsbestand dürften eigentlich höchstens 10.000 Beschäftigte in der Industrie in Kurzarbeit sein.

„Die Situation wird wohl noch längere Zeit paradox bleiben“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, zu der Entwicklung. „Die Industrie hat eigentlich genügend Aufträge, um die Produktion auf Hochtouren laufen zu lassen, doch in Anbetracht fehlender Teile tröpfelt der Ausstoß lediglich vor sich hin.“ So fehlen beispielsweise Mikrochips, die in zahlreichen Produkten von Autos bis Haushaltsgeräten enthalten sind.

Mehr zum Thema: Gestörte Lieferketten führen in der deutschen Industrie zu einer neuen Mangelwirtschaft – und eine Entspannung ist weiter weg als viele denken. Lesen Sie hier unsere ausführliche Recherche.

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