Die Wirtschaftsweisen hatten den Ton gesetzt. Käme es zum Stopp russischer Energielieferungen, „gäbe es eine Rezession, vielleicht sogar vom Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie“, warnte Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat, bereits Ende März im WirtschaftsWoche-Interview.
Da war das böse R-Wort in der Welt: Rezession. Und dabei hat sich weder die deutsche noch die Weltkonjunktur bisher richtig von den Einschlägen der Coronakrise erholt. Gestern nun legten die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute mit ihrer Frühjahrsprognose nach: Für den Fall eines sofortigen Embargos von Erdöl und Erdgas für Lieferungen aus Russland in die EU sehen die Konjunkturforscher ein klares Szenario: „eine scharfe Rezession“.
Von sich aus will die Bundesregierung diesen Sanktionsschritt bisher nicht gehen – trotz immer größeren Drucks aus anderen EU-Staaten, Moskaus Krieg endlich noch vehementer entgegenzutreten. Doch allein die Aussicht darauf drückt die Stimmung der Deutschen. Die German Angst vor dem Abschwung ist zurück.
Dies belegen exklusive Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey für die WirtschaftsWoche: Eine große Mehrheit von 71 Prozent der Bürgerinnen und Bürger befürchtet negative wirtschaftliche Folgen, falls die Sanktionen noch weiter angezogen würden.
Überdurchschnittlich groß fällt die Sorge bei Arbeitern aus. Alle anderen Berufstätigen fürchten die ökonomischen Rückwirkungen auf ihr Leben und ihren Arbeitsplatz zwar auch, allerdings etwas wenig stark.
Auch vielen Unternehmerinnen und Unternehmen steckten „die vergangenen zwei Pandemiejahre noch immer in den Knochen“, sagt Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold. Allerdings verfüge die deutsche Wirtschaft über „starke Substanz“ und diese dürfe „nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden“. Die Bundesregierung tue daher alles, damit die deutsche Wirtschaft gut durch diese herausfordernde Zeit käme.
Neue Wirtschaftshilfen hat das Ressort seines Wirtschaftsministers Robert Habeck geneinsam mit dem FDP-geführten Finanzministerium bereits aufgesetzt. Doch auch dies kann die Furcht vor einer Ausweitung des ökonomischen Bestrafung Russlands nicht mildern. Besonders ausgeprägt ist sie im Osten der Republik.
Interessant an der repräsentativen Civey-Umfrage ist dann noch dies: Eindeutig am sichersten fühlen sich noch Anhänger der Grünen. Ob dies am Vertrauen in die Krisenmanagementfähigkeiten Habecks liegt? Womöglich doch eher an der materiellen Absicherung der grünen Wählerschaft.