Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), wird immer wieder gefragt, warum er nicht mit höheren Leitzinsen gegen das Risiko neuer Blasen an den Finanz- oder Immobilienmärkten vorgeht. Seine Antwort ist stets dieselbe: Das Verhindern von Blasen sei nicht Aufgabe der Geldpolitiker, sondern der Bankenaufseher.
Dass sich ausschließlich Bankenaufseher und nicht auch Notenbanker um die Finanzstabilität kümmern, setzt allerdings voraus, dass die Instrumente der Aufseher Blasen verhindern können. Höhere Anforderungen an das Eigenkapital und die Liquidität von Banken oder Obergrenzen für die Verschuldung von Hauskäufern helfen, die Risiken von Übertreibungen zu senken. Gleichwohl zeigen die Erfahrungen, dass dies nicht ausreicht. Banken und Investoren können die Auflagen umgehen. Das gilt erst recht, wenn gleichzeitig eine lockere Geldpolitik die Menschen zum Schuldenmachen verführt. Drücken Wassermassen lange genug auf einen Damm, ist es mit Sandsäcken nicht getan.
Offensichtlich benötigen die Bankenaufseher Rückendeckung durch die Notenbanker, die mit dem Leitzins über ein scharfes Schwert verfügen. Schließlich wird es bei höheren Leitzinsen für Banken und Investoren teurer, mit geliehenem Geld risikoreiche Investments zu tätigen. Gleichzeitig müssen sie weniger auf riskante Geschäfte ausweichen, um niedrige Zinserträge auszugleichen. Je höher die Zinsen, desto risikobewusster werden die Akteure. Dieser Risikokanal der Geldpolitik ist sehr wirksam. Deshalb sollte das Entstehen von Blasen nicht nur durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen bekämpft werden, sondern auch durch höhere Leitzinsen.
Es wäre naheliegend, dass die Notenbanker eingreifen, sobald sich an den Finanz- oder Häusermärkten Blasen abzeichnen. Übertreibungen entstehen allerdings eher in der zweiten Hälfte eines langen Aufschwungs und sind nicht sofort zu erkennen. Um in der relativ kurzen Zeit zwischen dem Erkennen und dem Platzen einer Blase etwas zu bewirken, müsste die Zentralbank ihre Leitzinsen massiv anheben. Aber damit verursacht sie eine kostspielige Rezession, ohne sicher sein zu können, das Platzen der Blase zu verhindern. Den sicheren Kosten einer Rezession steht also ein unsicherer Nutzen gegenüber. Viele Zentralbanker lehnen eine solche Strategie des späten Eingreifens daher zu Recht ab.