Der Brexit hat den eurokritischen Stimmen in Frankreich, Italien und den Niederlanden Auftrieb gegeben. Doch nicht nur dort gärt es. Auch in Finnland wächst die Skepsis gegenüber dem Euro, was in den nächsten Monaten zu einer breiten öffentlichen Diskussion führen könnte. Dem Land geht es derzeit sehr schlecht, und die Menschen erinnern sich noch gut daran, wie sie die Krise Anfang der Neunzigerjahre mit der Abwertung ihrer Währung überwanden.
Erfolg durch Abwertung
Finnland leidet heute unter drei Problemen: dem Einbruch bei Nokia, dem Rückgang des Papierabsatzes aufgrund der Digitalisierung und der Sanktionspolitik der EU gegenüber Russland, die den Absatz finnischer Nahrungsmittel im Nachbarland beeinträchtigt hat. Die Krise der finnischen Wirtschaft ist noch nicht ganz so gravierend wie die Krise nach dem Untergang der Sowjetunion Anfang der Neunzigerjahre, aber doch ähnlich. Damals brach die Wirtschaftsleistung in zwei Jahren um neun Prozent ein, die Produktion des verarbeitenden Gewerbes ging um 15 Prozent zurück. Heute unterschreitet das Bruttoinlandsprodukt (BIP) das Vorkrisenniveau von Ende 2007 zwar nur um 5,5 Prozent, doch die Produktion des verarbeitenden Gewerbes liegt um 20 Prozent niedriger.
Das sind Werte, wie man sie nur aus Südeuropa und Frankreich kennt. So liegen die spanische und griechische Industrieproduktion um 25 beziehungsweise 24 Prozent unter dem Vorkrisenniveau, die italienische um 22 Prozent, die französische um 13 und die portugiesische um 12 Prozent.
Nur die Arbeitslosenquote ist in Finnland weniger bedrohlich als anderswo. Sie liegt bei „nur“ neun Prozent. Sie ist damit indes den Werten in Frankreich (zehn Prozent) und Italien (11,5 Prozent) näher als dem in Deutschland (vier Prozent).
Finnland hat die Zunahme der Arbeitslosigkeit und die Abnahme des BIPs durch eine höhere Staatstätigkeit bekämpft. Während die Staatsquote im Jahr 2007 noch bei 47 Prozent lag, ist sie inzwischen auf 58 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert aller OECD-Länder. Die so entstandene Zusatzbeschäftigung steigert zwar rechnerisch das Sozialprodukt, weil die staatlichen Löhne mangels einer Marktbewertung der staatlichen Leistungen als Wertschöpfung angesehen werden. Doch wettbewerbliche Leistung verkörpern sie nicht.