Weshalb sollte es heute anders sein? 7,5 Milliarden Menschen auf dem Globus haben enorme vitale Bedürfnisse, die gestillt werden wollen. Die Einzigartigkeit der digitalen Technologie besteht darin, dass sie einen geradezu unbegrenzten Spielraum zur Neugestaltung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche liefert. Hier liegt eine Jahrhundertchance. Nicht die Technologie gestaltet unsere Zukunft, sondern es sind letztlich immer Menschen, die die Weichen stellen. Peter Drucker hat dies bereits 1967 auf den Punkt gebracht: „Die wichtigsten Fragen, die Technologie betreffen, sind nicht technische, sondern menschliche Fragen.“
Stufen der industriellen Entwicklung
Die erste industrielle Revolution datiert man auf das Ende des 18. Jahrhunderts. Gekennzeichnet war sie durch die Einführung mechanischer Produktionsanlagen, die durch Wasser- und Dampfkraft angetrieben wurden. In dieser Zeit wurde auch der erste mechanische Webstuhl entwickelt.
Quelle: Deutsche Bank Research Industrie 4.0 - Upgrade des Industriestandorts Deutschland steht bevor, Stand: Februar 2014
Die Erfindung erster Fließbänder in Schlachthöfen in den USA ist Symptom der zweiten industriellen Revolution. Die Verfügbarkeit elektrischer Energie für Produktionszwecke bedingte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion.
In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts automatisierte sich die Produktion weiter. Von diesem Zeitraum an wurde nicht mehr nur Arbeitsteilung betrieben, sondern ganze Arbeitsschritte wurden von Maschinen übernommen. Die Grundlage für diese Entwicklung war der Einsatz von Elektronik und IT.
Die Industrie 4.0 soll die vierte industrielle Revolution werden. In der "intelligenten Fabrik" sollen Menschen, Maschinen und Ressourcen miteinander kommunizieren. Das jeweilige Produkt soll, gefüttert mit Informationen über sich selbst, seinen eigenen Fertigungsprozess optimieren können.
Unser Denken und Handeln ist freilich noch tief im Industriezeitalter verwurzelt. Calestous Juma, Professor an der Harvard Kennedy School, beschreibt in seinem neuen Buch „Innovation and its Enemies“ die Mechanismen, die hier am Werk sind. Die Schere zwischen Technologien, die sich in exponentieller Weise beschleunigen, und gesellschaftlichen Institutionen, die sich im Schneckentempo bewegen (sowie Gruppeninteressen, die sich gegen Neuerungen stellen), droht weiter aufzugehen.
Nötig ist eine Portion Mut
Um hier gegenzusteuern, muss man bereit sein, die Fesseln politischer Korrektheit zu sprengen. Eine Gesellschaft, die auf Eigenverantwortung, Weltoffenheit, Pragmatismus, Lernbereitschaft und unternehmerischem Denken aufbaut, sollte in der Lage sein, auch im Zeitalter der Digitalisierung der wichtigsten Ressource zum Durchbruch zu verhelfen – der menschlichen Schaffenskraft. Wenn das gelingt, werden wir Arbeitsplätze im Überfluss haben.
Von Einstein ist der Ausspruch überliefert: „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Nötig ist ein Schub an kollektiver Intelligenz und eine gehörige Portion Mut in den Führungsetagen, um die digitale Zukunft zu gestalten. Dann können wir zumindest in diesem Fall beweisen, dass Einstein unrecht hatte.