Der Konjunkturbericht Investitionen gewinnen langsam an Fahrt

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Methodische Unterscheidung von früheren Berechnungen

Der auf den Geschäftserwartungen der Leasinggesellschaften basierende Investitionsindikator¹, den das ifo Institut und der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen gemeinsam ermitteln, signalisiert für das Jahr 2017 einen eher moderaten Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen von nominal 2,3 Prozent, nach einem Plus von 2,5 Prozent im Vorjahr.

Dabei ist zu beachten, dass sich die Berechnung des Indikators ab 2017 methodisch von denen früherer Berechnungen unterscheidet. So wird der Indikator von nun an mittels der seit längerem erfolgreich am ifo Institut eingesetzten Prognosemethodik vorgenommen. Diese bietet die Möglichkeit, die Ergebnisse der Befragung der Leasinggesellschaften mit weiteren Indikatoren zu kombinieren, um eine bessere Abschätzung der zukünftigen Entwicklung vorzunehmen.² Überdies basiert die Berechnung auf einer geänderten Abgrenzung des Investitionsbegriffs, der nun alleine auf die Ausrüstungsinvestitionen abstellt und die Sonstigen Anlagen nicht mehr berücksichtigt. Diese Anpassung wurde notwendig, da die anlässlich der letzten Generalrevision der VGR erheblich revidierten Investitionszahlen einen merklichen Einfluss auf die Entwicklung des Aggregats haben. Sie führten zu spürbaren Änderungen beim dem Verlauf und dem Niveau des ifo Investitionsindikators und zu einer schwächeren Performance.

Die Investitionen in sonstige Anlagen (nach neuer Abgrenzung) zeigen ein weniger volatiles Entwicklungsmuster als die Ausrüstungsinvestitionen. Da Erstere nun verdreifacht wurden, führt deren höheres Gewicht im Gesamtaggregat zu einem glatteren Verlauf des Indikators.

Aufgrund der jüngsten Konzeptänderung und der Generalrevision der VGR durch das ESVG 2010 mussten die Investitionsquoten vollständig neu berechnet und deutlich angehoben werden. Denn die Behandlung von Ausgaben für Forschung und Entwicklung als Investitionen ist hier die quantitativ mit Abstand größte Konzeptänderung und für etwa 70 Prozent des Gesamteffekts für die Niveauerhöhung des BIP verantwortlich. Für das Jahr 2010 beispielsweise sind 2,3 Prozentpunkte der Niveauerhöhung des BIP (von insgesamt 3,3  Prozent) auf die Neuverbuchung von Forschung und Entwicklung zurückzuführen, so das Statistische Bundesamt.

In Anbetracht der noch immer recht guten Konjunktur in Deutschland und des anhaltend sehr niedrigen Zinsenniveaus ist die angezeigte Investitionsentwicklung für 2017 im historischen Vergleich wenig dynamisch. Dabei ist zu beachten, dass das Wirtschaftswachstum gegenwärtig vor allem vom privaten und staatlichen Konsum sowie dem Export getragen wird. Die Investitionsneigung der Unternehmen bleibt vorerst zurückhaltend, der Investitionsindikator zeigt für das kommende Jahr jedoch ein wesentlich höheres Wachstumstempo an.

Bei der Beurteilung des Investitionsgeschehens ist auch zu berücksichtigen, dass die Wirtschaft neben den Anlageinvestitionen nach wie vor auch erheblich in die Gewinnung neuer Mitarbeiter und in die Qualifizierung des vorhandenen Personals investiert. Bei moderatem Wirtschaftswachstum steigt die Zahl der Beschäftigten in Deutschland scheinbar unaufhaltsam und viele Stellen können gar nicht besetzt werden. Im zweiten Quartal 2017 setzte sich der Aufbau der Erwerbstätigkeit fort. Mit 44,2 Millionen Erwerbstätigen, die ihren Arbeitsort in Deutschland haben, wurde das Vorjahresniveau im Juli mit +1,6 Prozent erneut deutlich überschritten. Nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wird die Zahl der Erwerbstätigen im laufenden Jahr um 670.000 auf 44,26 Millionen steigen.

Damit ist die Beschäftigung so hoch wie nie seit der Wiedervereinigung. Die deutsche Wirtschaft will in diesem Jahr weiter neue Mitarbeiter einstellen. Das ifo Beschäftigungsbarometer sank zwar im August auf 111,2 Punkte, von 112,1 Punkten im Vormonat. Die Einstellungsbereitschaft der deutschen Firmen bleibt jedoch weiterhin sehr hoch. Die Beschäftigungsdynamik ist überwiegend expansiv ausgerichtet.

Damit die Arbeitskräfte nicht zum Engpassfaktor im beschleunigten Strukturwandel werden, müssen die Unternehmen nicht nur in die Anwerbung geeigneten Personals, sondern auch massiv in die betriebliche Weiterbildung und Umschulung ihrer alternden Belegschaft investieren. Nicht nur die von der Boston Consulting Group (BCG) prognostizierte Mangel an 120.000 Hochschulabsolventen in den Bereichen IT- und Computeringenieurwesen bis 2025 ist alarmierend, sondern auch die zu geringe betriebliche Weiterbildungsquote älterer Mitarbeiter.

Seit dem vierten Quartal 2016 kam es zu einer Abkühlung der Stimmung im Leasingsektor. Dieser Trend setzte sich im ersten Quartal 2017 fort. So lag das Geschäftsklima der Leasinggesellschaften im März dieses Jahres mit knapp 12 Saldenpunkten deutlich unter dem Niveau des Dezembers 2016. Seit dem März nimmt jedoch die Zahl der Optimisten wieder zu (knapp 20 Saldenpunkte im August). Eine leichte Aufwärtstendenz zeigt bis zum aktuellen Rand die Geschäftslage; am aktuellen Rand befindet sie sich auf einem komfortablen Niveau von 30 Saldenpunkten. Die Geschäftserwartungen, die seit Jahresbeginn 2017 tendenziell nachgeben, erreichten im August rund 9 Saldenpunkte, damit sind die Optimisten gleichwohl in der Überzahl.

¹ Detaillierte Informationen zur Methode finden sich in Gürtler und Städtler (2007).

² Detaillierte Informationen zur Methode finden sie in Carstensen et al. (2009) sowie Fobbe und Lehmann (2016).

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