
Erst schoss der viel beachtete ifo-Geschäftsklimaindex überraschend um 3,2 auf 109,5 Punkte nach oben. Das ist der höchste Stand seit gut zwei Jahren, so dass ifo-Präsident Clemens Fuest bereits einen „goldenen Herbst“ für die Wirtschaft in Aussicht stellt. Am Donnerstag dann präsentierte die Bundesagentur für Arbeit einmal mehr formidable Ergebnisse vom deutschen Arbeitsmarkt – die Zahl der Erwerbslosen ist im September um 100.000 im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken. Und zu guter Letzt kamen dann heute auch noch die großen Wirtschaftsforschungsinstitute mit ihrem Herbstgutachten auf den Markt. Darin revidierten sie ihre Wachstumsprognose für 2016 von 1,6 auf 1,9 Prozent nach oben.
Doch Vorsicht! Der Herbst mag konjunkturell golden schimmern, aber schon der Winter könnte schon wieder ziemlich grau daherkommen und das kommende Jahr erst recht. Denn an den zentralen Risiken für die Weltwirtschaft, die für die exportorientierte deutsche Wirtschaft überproportional ins Gewicht fallen, hat sich nicht viel geändert. Gerade erst hat die Welthandelsorganisation WTO ihre Prognose für die Entwicklung des weltweiten Handels drastisch gesenkt. Die WTO-Ökonomen rechnen nur noch mit einer Steigerung um 1,7 Prozent (im April lag die Prognose noch bei 2,8 Prozent). Dies wäre das geringste Wachstum des Welthandelsvolumens seit der Finanzkrise von 2009 – für WTO-Generalsekretär Roberto ein „Alarmsignal“.
Grund ist vor allem die anhaltende Schwäche der Schwellenländer. Brasilien findet auch unter seinem neuen Präsidenten Temer nicht zurück auf die Überholspur. In China hemmen hohe Überkapazitäten der Industrie, ein instabiler Bankensektor, hohe Schulden und ein überhitzter Immobilienmarkt die Entwicklung. Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Dachorganisation der Notenbanken, ist die Kreditblase in China bereits größer als in den USA zu Zeiten des Immobilienbooms in Vor-Crash-Zeiten.
Konjunkturindikatoren
Der vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) herausgegebene Index beruht auf der Befragung von 350 Analysten und Finanzmarktexperten. Sie geben dabei ihre Einschätzung über die künftige Wirtschaftsentwicklung ab. Der Index zur mittelfristigen Konjunkturentwicklung ergibt sich aus der Differenz der positiven und negativen Erwartungen über die künftige Wirtschaftsentwicklung. Er wird zur Monatsmitte erhoben.
Der international beachtete Index basiert auf einer Befragung von etwa 7000 Unternehmen aus Bau, Einzelhandel und Industrie. In einem Fragebogen beurteilen sie ihre gegenwärtige Geschäftslage sowie die Erwartungen für die Zukunft. Beide werden im Geschäftsklima zusammengefasst. Der Index ergibt sich aus dem Saldo der Antworten „gut“ und „schlecht“.
Wird von der britischen Forschergruppe Markit erhoben. Er beruht für Deutschland auf Umfragen unter Einkaufsmanagern von 500 repräsentativ ausgewählten deutschen Industrieunternehmen. Bestandteile des Index sind Auftragseingänge, Preise und Beschäftigung. Der Index hat einen relativ kurzen Vorlauf gegenüber der Produktion.
Umfasst den Bargeldumlauf und die Sichteineinlagen, wie zum Beispiel Sparbücher. Da die in M1 enthaltenen Bestandteile direkt für Transaktionen zur Verfügung stehen, deutet ein Anstieg darauf hin, dass die Kaufbereitschaft der Konsumenten und Unternehmen steigt. Der Indikator hat einen Vorlauf von zwei bis drei Quartalen.
Der BDI ist ein Preisindex für die Verschiffungskosten wichtiger Rohstoffe wie Stahl, Eisenerz, Kohle und Getreide auf Standardrouten. Er wird durch das Angebot an frei stehendem Schiffsladeraum und die Hafenkapazitäten beeinflusst. Da Rohstoffe als Vorprodukte am Anfang der Wertschöpfungskette stehen, ist der BDI ein guter Frühindikator für die Weltkonjunktur.
Der Index des Nürnberger Marktforschungsinstituts GfK prognostiziert die Veränderung der monatlichen privaten Konsumausgaben. Hierfür werden 2000 repräsentativ ausgewählte Personen nach ihren Einkommens- und Konjunkturerwartungen befragt.
Damit nicht genug: Der niedrige Ölpreis, seit vielen Monaten ein konjunkturelles Schmiermittel par excellence, könnte bald wieder steigen, nachdem sich die Opec gestern überraschend auf eine Förderkürzung verständigt hat. Der Brexit, der merkwürdigerweise in den Hintergrund des konjunkturellen Diskurses getreten ist, dürfte als Thema sofort wieder hochploppen (und die Geschäftserwartungen der Unternehmen trüben), wenn die Briten ihre Verschleppungstaktik beenden und das offizielle Austrittsgesuch in Brüssel einreichen.
Und ja: Die gute alte Euro-Krise ist auch noch da! Griechenland verschleppt gerade in gewohnter Manier zugesagte Reformen. Derweil würgt in Portugal die neue sozialistische Regierung unter tätiger Mithilfe der Kommunisten mit einer schier abenteuerlichen Politik den schüchternen Aufschwung ab. Wenn am 21. Oktober mit der Ratingagentur DBRS die letzte Rating-Agentur den Daumen senkt , darf die europäische Zentralbank keine Portugal-Anleihen mehr kaufen. Dann wäre womöglich das nächste Rettungspaket in Europa fällig.
Fazit: Wir sollten uns über die aktuell guten Daten freuen. Aber wir dürfen sie nicht überbewerten.