




In der öffentlichen Diskussion ist viel von Inflationsängsten der Deutschen die Rede, die in anderen Nationen weniger weit verbreitet seien. Vor allem vor dem Hintergrund der erfolgreichen Geldpolitik der EZB in den ersten 13 Jahren ihrer Existenz (mit Inflationsraten unter denen der Deutschen Bundesbank) werden die Warnungen vor Inflation oftmals als überflüssig, gar schädlich abgetan. Diese Lässigkeit ist nicht geboten, wie bereits wenige Überlegungen zu den Wirkungen der Inflation zeigen.
Erstens ist Inflation ungerecht, denn sie benachteiligt die Sparer und bevorzugt die Schuldner. Wer zehn Jahre sein Geld dem Bundesfinanzminister überlässt (zu 1,8 Prozent jährlichen Nominalzinsen), erleidet bei einer jährlichen Inflationsrate von 2,5 Prozent einen kumulierten Realverlust von etwas über 6,5 Prozent; bei vier Prozent durchschnittlicher Inflation beträgt der Verlust schon nahezu 25 Prozent, und bei sechs Prozent Inflation verliert man in zehn Jahren bereits ein Drittel an realem Vermögen. Der Bund vermindert seine Schulden um den gleichen Anteil. Diese einfachen Rechnungen erklären das Interesse von Regierungen an Inflation, das regelmäßig aus offiziellen Äußerungen herauszuhören ist. Der Prozess wird als finanzielle Depression bezeichnet; er findet bereits statt; Festgeldbesitzer werden noch stärker geschröpft.
Wie dieses Beispiel außerdem anschaulich zeigt, ist die Gruppe der Gewinner wesentlich kleiner als diejenige der Verlierer. Große Schuldner und Banken gewinnen, viele kleine Gläubiger verlieren (denn die Reichen, also großen Geldbesitzer finden regelmäßig Mittel und Wege, ihr Kapital außer Landes zu bringen). Insbesondere die Mittelschicht, das sogenannte Bürgertum, verliert. Armut greift um sich. Somit drohen weiterhin erheblich soziale Spannungen, die letztlich neben der ökonomischen auch die gesellschaftliche Stabilität in Frage stellen. Die Weimarer Republik hat in Zeiten der Hyperinflation diese Erfahrung machen müssen.