Ehrgeiziges Schwellenland Die Türkei steht sich selbst im Weg

Seite 2/3

Erfolgsstory mit Dellen

Es gibt weitere Vorzüge. Wie in vielen anderen Schwellenländern auch lockt die prinzipiell sehr unternehmerfreundliche Regierung ausländische Investoren in Gebiete außerhalb der Boomregion Istanbul mit Steuererleichterungen. Der Staat übernimmt dann auch ganz oder teilweise die Sozialabgaben, die für türkische Unternehmen ein Viertel vom Arbeitslohn betragen können.

Das sind die Märkte von morgen
Prag Quelle: AP
Budapest Quelle: dpa
Algier Quelle: dpa Picture-Alliance
Rabat Quelle: dpa Picture-Alliance
Mexiko-Stadt Quelle: dpa Picture-Alliance
Ankara Quelle: Ankara Views Peretz Partensky CC2.0 Generic License
Seoul Quelle: Patriot Missile at the English Language Wikipedia CC Share-Alike 3.0 Unported

Das alles ist attraktiv in einem Land mit junger und zunehmend gut ausgebildeter Bevölkerung. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt mit knapp 29 Jahren 13 Jahre unter dem deutschen Wert – wobei der wachsende Wohlstand der vergangenen Jahre dazu geführt hat, dass großer Kinderreichtum aus der Mode kommi und die Bevölkerung nur noch wenig anwächst.

Wohl aber wächst das Qualifikationsniveau: Jährlich verlassen etwa 250.000 Absolventen die türkischen Hochschulen, deren Niveau allerdings teilweise zweifelhaft ist. Immerhin sieben Prozent aller Türken sind inzwischen Akademiker. Und deutsche Manager, die in der Türkei tätig sind, schreiben ihren einheimischen Mitarbeitern fast ausnahmslos Tugenden wie hohe Motivation, Erfolgsorientierung und Entscheidungsfreudigkeit zu.

Eindrucksvolle Liste

Entsprechend heben immer mehr Türken ein anständiges Einkommen. Gewiss: Unternehmen finden auf dem Arbeitsmarkt immer noch Ingenieure für ein Jahresgehalt von umgerechnet 30 000 Euro und Facharbeiter für 13.000 Euro im Jahr. Aber damit ist die Türkei im internationalen Vergleich schon lange kein Billiglohnland mehr, und in Istanbul oder Izmir wird inzwischen meist deutlich mehr gezahlt.

Die Liste der deutschen Unternehmen mit starkem Engagement in der Türkei ist eindrucksvoll. Mercedes Türk ist der größte Lkw-Produzent im Daimler-Produzent, Bosch in Izmir zählt zu den zehn größten Unternehmen der Türkei. Metro betreibt über 700 Großhandelsmärkte im Land, der TÜV Rheinland mehrere Prüfzentren zum Beispiel für die Möbelindustrie, Hugo Boss fertigt in Izmir. Mercedes stattet die Istanbuler Verkehrsbetriebe mit Bussen aus, während durch Ankara Gelenkbusse mit dem MAN-Logo rollen.

Übersicht der Kritik an Erdogan

Die Probleme nehmen zu

Doch die Erfolgsstory hat Dellen. Von 2003 bis 2008 erreichte die Türkei traumhafte Wachstumsraten, die in manchen Quartalen China und regelmäßig alle Länder des EU-Raums übertrafen. Nach einem überdurchschnittlich schlimmen Einbruch in der Krise von 2008/9 erholte sich das Land schnell mit Wachstumsraten bis zu neun Prozent: Ein stabiles Banksystem und eine geringe Verschuldung von Unternehmen und Privatleuten war die Ursache – neben zunehmenden Exporterfolgen Richtung Europa.

Autos, Lastwagen und hochwertige Textilien made in Turkey stammten meistens aus Firmen im ausländischen Besitz, Fernsehapparate und Küchengeräte dagegen aus der Produktion leistungsfähiger einheimischer Unternehmen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%