Elsässers Auslese

Europa boomt und keiner merkt's

Markus Elsässer Value Investor

Wer reist und sich umschaut stellt mit Erstaunen fest, wie gut es den Europäern geht. An allen Ecken und Enden wird konsumiert. Politik, Statistiker und TV-Medien vermitteln ein falsches Bild.

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Flagge der Europäischen Union. Quelle: dapd

Aus den Kreisen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Politik ist seit zwei Jahren zu hören, dass die Konjunktur angeschoben werden muss. Mit der drakonischen Nullzinspolitik und drohenden Strafzinsen auf Bankguthaben sollen die Menschen zu verstärkten Konsumausgaben getrieben werden.

Man kann sich nur wundern. Neulich stand in unserer Regionalzeitung auf der rechten Seite, dass die Bundesregierung sich in genau dieser Gedankenrichtung Sorgen um die Wirtschaftsentwicklung macht. Gleichzeitig war auf der linken Seite zu lesen: Der Automobilkonzern BMW meldet ein erneutes Rekordjahr für 2015 mit einem historischen Spitzenwert. Der erwirtschaftete Jahresgewinn ist auf 6,4 Milliarden Euro (nach Steuern) gestiegen! Das hat es noch nie gegeben.

Wohin man auch schaut, stößt man auf beeindruckende Ergebnisse in der Wirtschaft. Auch in weniger prominenten Branchen. Die Firma Knorr-Bremse beispielsweise ist Marktführer bei Bremsen für Züge und Lastwagen. Was schätzen Sie, wie viel Umsatz so eine Firma im Jahr wohl macht? 500 Millionen Euro, eine Milliarde Euro oder zwei Milliarden Euro? Weit gefehlt: In 2015 wurde ein neuer Umsatzrekord erreicht. Insgesamt wurden 5,8 Milliarden Euro Umsatz verbucht. Wir alle haben ja gehört, wie schlecht es um die Deutsche Bahn steht. Das kann ja also kein gutes Umfeld für einen Bremsenlieferanten gewesen sein, um profitable Geschäfte zu machen. Aber auch in diesem Punkt kommt man ins Staunen. Auch der Jahresgewinn von Knorr-Bremse hat in 2015 einen neuen Spitzenwert erreicht: 645 Millionen Euro Gewinn (nach Steuern).

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Die Realität liefert einem den Beweis. Die Geschäfte der guten Firmen platzen seit Jahren aus allen Nähten. In den TV-Medien wird ein unzutreffendes Bild vermittelt. Und auch in der Sphäre der privaten Leben ist nirgends etwas von einer extremen Konsumzurückhaltung zu spüren. Ganz im Gegenteil. Hier einige Beispiele von meinen Reisen zwei Wochen vor Ostern, zur Veranschaulichung.

Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich Opfer einer „Überbuchung“ einer Luftfahrtlinie geworden. Ich will keinen Firmennamen nennen. Im Fazit: Insgesamt waren acht Personen zu viel auf einen Flug von Frankfurt nach Madrid gebucht. Sie hatten gezahlt, wurden aber nicht mitgenommen. Der Flieger war voll. Auch der spätere Flug mit einer anderen Fluglinie, vom anderen Terminal, war restlos ausgebucht und auch dort mussten sechs Reisende zurückbleiben. Und dies mitten in der Woche.

Konjunkturindikatoren

Am gleichen Tag ereilte das gleiche Schicksal eine befreundete Familie, die via London nach Amerika fliegen wollten. Auch ihr Flug nach London war „overbooked“, mit der Folge, dass der Anschlussflug in die Vereinigten Staaten verpasst wurde. Übrigens: Mein Rückflug von Madrid einige Tage später zur Mittagszeit war bis auf den allerletzten Platz voll und dies bei eng zusammen gerückten Sitzreihen.

Zu meinem Jubiläumsgeburtstag im April sind leider sechs Ehepaare terminlich verhindert. Sie sind auf Urlaubsreisen und zwar in solchen Ländern wie Südafrika, den Seychellen, den Malediven, Vietnam und Kambodscha. Es handelt sich bei meinen Freunden um Menschen aus „normalen“ Lebensumständen, Beamte, leitende Angestellte und ein Zahnarzt.

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