
Die US-Notenbankchefin Janet Yellen hat die Stimmung an den Börsen am Dienstag getrübt. "Ihre Bedenken mit Blick auf die Bewertung einiger Branchen stoßen vielen Investoren auf", sagte Portfoliomanager Stefan de Schutter von Alpha Wertpapierhandel. Zu weiteren Zinspolitik der Fed habe es indes kaum Neuigkeiten gegeben. Der Dax verabschiedete sich mit einem Minus von 0,7 Prozent bei 9719 Punkten aus dem Handel. Der EuroStoxx50 gab um ein Prozent auf 3154 Zähler nach.
An der Wall Street büßten Facebook-Aktien zwei Prozent an Wert ein. Die Bewertung von Social-Media- und Biotechnologie-Unternehmen erscheine hoch im historischen Vergleich, sagte Yellen während der Vorstellung des Konjunkturberichts vor dem Bankenausschuss des US-Senats.
Auch der Nasdaq Biotechnology Index rutschte in der Folge um 1,9 Prozent ab. "Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass sich die Fed zu bestimmten Branchen äußert, daher drücken die Aussagen auf die Kurse", sagte ein Marktstratege. Die wichtigsten US-Indizes lagen bei Handelsschluss in Europa im Minus.
Frühere Fed-Chefs (Auswahl) und die neue Chefin
Chef der New York Fed, kontrollierte erstmals die Inflation mittels Zinsen, steuerte die Geldmenge durch Kauf und Verkauf von Wertpapieren und sicherte die Geldversorgung. Mit Kriegsanleihen, „Liberty Bonds“, finanzierte er den Ersten Weltkrieg.
Gegen großen Protest trieb der Zuchtmeister der Märkte 1980 die Zinsen auf bis zu 17,5 Prozent hoch. So bekämpfte er die auf bis zu 13 Prozent gestiegene Inflationsrate. Drei Jahre später stiegen die Preise nur noch um 3,5 Prozent.
Profilierte sich mit niedrigen Zinsen als Schutzheiliger der Märkte. Kurz nach seinem Amtsantritt kam es zum Börsencrash am 19. Oktober 1987 – die superexpansive Geldpolitik blieb und führte direkt in die Immobilien- und Finanzkrise.
Die neue Fed-Chefin steht vor der heiklen Aufgabe, die lockere Geldpolitik ihres Vorgängers Ben Bernanke zu beenden, ohne Schocks an den Börsen auszulösen und die Konjunktur abzuwürgen. Eine harte Kehrtwende ist von ihr nicht zu erwarten.
Überraschend positive Bilanzen der US-Finanzinstitute Goldman Sachs und JPMorgan trieben zumindest die Aktie der Deutschen Bank an der Dax-Spitze um 1,9 Prozent in die Höhe. In New York zählten die Aktien der beiden Geldhäuser ebenfalls zu den Gewinnern. Dagegen fielen Adidas nach kritischen Analystenkommentaren um 1,5 Prozent. Zum Wochenstart hatten die Titel des Ausrüsters der deutschen Weltmeister-Elf noch deutlich angezogen.
Ansonsten spielte die Musik vor allem in der zweiten Reihe. Im Technologie-Index TecDax verschreckten schwache Unternehmensbilanzen die Anleger. Die Software AG hatte in der Nacht einen deutlichen Rückgang des operativen Quartalsgewinns bekanntgegeben. Als Grund nannte der SAP -Konkurrent Verzögerungen bei Großprojekten. "Software AG hatte erst vor zwei Wochen erklärt, dass alles gut ist", sagte ein Aktienhändler. "Da ist die Gewinnwarnung heute ein Paukenschlag. Die haben richtig Vertrauen verspielt." Die Aktien der Software AG brachen darauf um bis zu 19 Prozent ein und waren mit 19,98 Euro so billig wie zuletzt Anfang November 2009. In ihrem Sog gaben SAP, die am Donnerstag ihr Quartalsergebnis vorlegen wollen, um 0,9 Prozent nach.
Drägerwerk fielen um bis zu 18,7 Prozent auf ein Zweieinhalb-Jahres-Tief von 63,90 Euro. Der Spezialist für Medizin- und Sicherheitstechnik hatte nach einem Ergebniseinbruch im zweiten Quartal seine Gesamtjahresziele gekappt. "Keine Besserung in Sicht. Verkaufe die Aktien, wer kann", sagte ein Händler. Am Devisenmarkt setzten die Anleger derweil unverändert auf ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik der Fed.
Der Dollar zog entsprechend zum Euro und zum Yen an. Die Gemeinschaftswährung rutschte auf 1,3570 Dollar nach rund 1,36 Dollar zu Beginn der Anhörung Yellens vor dem Bankenausschuss des Senats. Zum Yen kletterte der Dollar auf 101,74 Yen. "Wirklich neue Erkenntnisse gibt es eigentlich nicht", sagte ein Händler. Ein Ende der Anleihe-Käufe, über die die Fed seit dem Ausbruch der Krise Milliarden von Dollar in die Wirtschaft pumpte, werde seit langem erwartet. Vielleicht hätten einige aber doch auf Signale gehofft, dass sich der Zeitplan der Fed geändert habe.