Exklusives Ranking Das sind Deutschlands beste Städte 2014

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Würzburg – der beschauliche Underdog

So kommt es auch, dass sich eine Mittelstadt wie das unterfränkische Würzburg, das in der öffentlichen Wahrnehmung eher unter dem Radar fliegt,  im Dynamikranking hinter Wolfsburg und Ingolstadt überraschend auf Rang drei vorschiebt. Die Universität sei für die Stadt „ein zentraler Wirtschaftsfaktor“, sagt Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU).

Würzburg ist nicht nur optisch das Gegenmodell zu Wolfsburg. Von wenigen Ausnahmen wie dem Druckmaschinenhersteller Koenig&Bauer und dem Autozulieferer Brose abgesehen, gibt es in der 130.000-Einwohner-Stadt kaum Industrie. Trotzdem herrscht nahezu Vollbeschäftigung. Wer von der Festung Marienberg über die mit steinernen Heiligenfiguren verzierte Alte Mainbrücke ins Zentrum spaziert, erlebt eine lebhafte und doch wohlgeordnete Stadt – und dank ihrer 30.000 Studenten eine sehr junge. Die Weinberge sind nah, die Lebensqualität ist hoch und das urbane Ambiente angenehm. Der Außenbereich der Würzburger Hofbräu GmbH, ältestes Unternehmen der Stadt, wurde unlängst zu einem der schönsten Biergärten Deutschlands gekürt. Im vergangenen Jahr kamen zwölf Millionen Tagestouristen in die Stadt am Main, 2014 hofft OB Schuchardt auch bei den Übernachtungen erstmals die Millionengrenze zu erreichen. Die Stadt profitiert schlicht von ihrer geografischen Lage – nicht nur mit Blick auf den Tourismus. Würzburg ist auch regionales Oberzentrum der Region und präferiertes Shopping-Ziel für das Umland. Das bringt richtig Geld in die Stadt und lässt Handel und Gastronomie florieren. 

In diesen Regionen zahlen Immobilienbesitzer ihr Häuschen am schnellsten ab
27 Jahre, so lange dauert es, bis ein Durchschnittsverdiener in Deutschland sein Eigenheim abbezahlt hat. Der Tilgungssatz liegt dabei im Schnitt bei 2,89 Prozent. Für die Postbank-Studie, aus der die Bild zitiert, wurden die Kaufpreise in allen 402 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland ins Verhältnis zum jeweiligen Einkommensniveau gesetzt. Voraussetzung ist, dass für die Tilgung wie maximal 40 Prozent des Haushalt-Nettoeinkommensaufgewendet werden, 20 Prozent Eigenkapitalanteil vorhanden waren. Sonderzahlungen wurden nicht berücksichtigt. Quelle: dpa
In weniger als der Hälfte (43 Prozent) der Kreise und kreisfreien Städte zahlen Eigenheimbesitzer die Immobilie wie empfohlen in 30 Jahren ab. In besonders teuren Immobilienstädten wie München oder Köln zahlen Durchschnittsverdiener mit einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.600 Euro dagegen auch einmal mehr als 40 lang, bis 110 Quadratmeter Wohneigentum ihnen gehören. Im westlich von Köln gelegenen Rhein-Erft-Kreis haben sie das notwendige Darlehen für eine 110-Quadratmeter-Wohnung dagegen nach 29 Jahren beglichen. Quelle: dpa
Auch im Nordosten der Republik ist eine 110 Quadratmeter-Immobilie für Durchschnittsverdiener trotz moderater Immobilienpreise kaum erschwinglich: Wegen des geringen Einkommens in der Region zahlen Immobilienbesitzer in Berlin, Potsdam, Rostock & Co. deutlich länger als 40 Jahre ihren Kredit ab. Wer in Berlin arbeitet, findet allerdings im brandenburgischen Kreis Barnim nördlich der Hauptstadt Wohnungen mit 110 Quadratmetern, die in der Regel nach 25 Jahren abbezahlt sind. Quelle: dpa
Wer keine Angst hat, zu pendeln, findet jedoch im Umland der großen Metropolen finanzierbare Immobilien. Selbst in teuren Gegenden rund um Frankfurt am Main gibt es Schnäppchen. Allerdings sind hier die Einkommen im Bundesvergleich auch so hoch, dass sich auch Durchschnittsverdiener eine 110-Quadratmeter-Wohnung leisten können. Quelle: dpa
Auch in den unmittelbar an Hamburg angrenzenden Kreisen Stormarn und Segeberg sowie dem Herzogtum Lauenburg dauert die Tilgung eines Kredits im Schnitt 34 Jahre. Quelle: dpa
In Pirmasens (im Bild), dem Landkreis Altenkirchen (Westerwald) und dem Landkreis Wesermarsch dauert die Tilgung eines Kredites für eine 110-Quadratmeter-Immobilie für den Durchschnittsverdiener rund zwölf Jahre. Quelle: dpa
Im Saale-Orla-Kreis, dem Landkreis Nienburg (Weser), Landkreis Holzminden, dem Unstrut-Hainich-Kreis und dem Vogtlandkreis dauert das Abbezahlen der eigenen vier Wände dagegen elf Jahre. Quelle: dpa

Leipzig – die dynamischste Oststadt

Direkt auf Würzburg folgt im Dynamikranking  auf Rang 4 die dynamischste Oststadt – Leipzig. Wer wissen will, wie diese Stadt tickt, sollte die alte Baumwollspinnerei im Westen Leipzigs besuchen. Ende des 19. Jahrhunderts war sie aus einer einfachen Überlegung heraus gegründet worden: um Geld zu sparen. Die Industrie importierte damals fast ihren gesamten Bedarf an Stoffen und Garnen aus England. Diese Importe aber waren mit einem hohen Zoll belegt. Also gründeten findige Geschäftsleute einen eigenen Betrieb, die Leipziger Baumwollspinnerei. Technisch waren die Briten zwar weiterhin hochüberlegen, doch die Leipziger hatten jetzt den unschlagbaren Preisvorteil, so dass die Spinnerei innerhalb weniger Jahre zur größten des Kontinents wurde und mehr als 15.000 Menschen Arbeit verschaffte. Der Betrieb lief ein gutes Jahrhundert, erst nach dem Mauerfall wurde schlagartig klar, dass die Produktion längst nicht mehr marktfähig war. 90.000 Quadratmeter, umgeben von solidem Backsteinmauerwerk, auf einmal waren sie nutzlos.

Heute nicht mehr. Mehr als 90 Prozent der Flächen in der Spinnerei sind belegt, größtenteils von Künstler wie Neo Rauch, dem Star der Neuen Leipziger Schule, und seinem Galeristen Harry Lybke. „Hier werden die Besprechungsecken sein, dort drüben kommen die Arbeitsplätze hin“, sagt Bertram Schultze, Geschäftsführer der Spinnerei, während er durch eine der letzten Freiflächen im Gelände schlendert. In Zusammenarbeit mit der Handelshochschule Leipzig (HHL) entsteht hier das SpinLab, eine Fläche für die Gründung neuer Unternehmen. In der Spinnerei zeigt sich stellvertretend, wie es einer ganzen Stadt gelungen ist, sich zu verändern. Inzwischen hat die Stadt den Beinamen „Hypezig“, so beliebt ist Leipzig vor allem bei jungen Leuten. Laut Städtetest ist aktuell keine Stadt so stark gewachsen wie Leipzig, nirgendwo sind in den vergangenen Jahren mehr Jobs entstanden. In weniger als zehn Jahren ist die Arbeitslosenquote von knapp 20 auf unter 10 Prozent gesunken. Auch im Niveauranking hat Leipzig um elf Plätze zugelegt und erreicht jetzt bundesweit Platz 39 – vor Weststädten wie Bielefeld, Bremen, Kiel oder Essen.  

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