EZB-Direktor zur Geldpolitik „Den möglichen Schaden so gering wie möglich halten“

Zu Besuch bei der Hochschule der Bundesbank warnt EZB-Direktor Yves Mersch vor den Nebenwirkungen der Geldpolitik. Die Zeit der Niedrigzinsen solle daher so kurz wie möglich andauern.

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Banken in Deutschland deuteten an, trotz Niedrigzinsen weniger Kredite zu vergeben, so der EZB-Direktor. Quelle: AFP

Hachenburg EZB-Direktor Yves Mersch hat auf steigende Gefahren einer sehr langen Phase ultralockerer Geldpolitik hingewiesen. „Je länger wir in diesem Niedrigzinsumfeld verharren, desto stärker werden die Nebenwirkungen unserer Maßnahmen hervortreten“, sagte Mersch am Donnerstag bei einer Veranstaltung in der Hochschule der Deutschen Bundesbank in Hachenburg. Die Wirksamkeit der Schritte könne zudem abnehmen, je länger sie anhielten. Ziel müsse sein, „so bald wie möglich diesen Sonderzustand zu verlassen, um den möglichen Schaden so gering wie möglich zu halten“, sagte der EZB-Direktor.

Mersch bekräftigte in diesem Zusammenhang den Appell der EZB an die Regierungen, ihren Beitrag zu leisten. Geldpolitik alleine könne nicht für mehr Wachstum sorgen. Arbeitsmarktreformen und Investitionsanreize seien erforderlich und auch die Steuerpolitik sei gefragt. Mersch ging dabei auch auf die voraussichtlichen Milliardeneinsparungen in Deutschland durch die EZB-Zinspolitik ein. „Ich hoffe, dass dieses Geld umgehend wieder an die Wirtschaft zurückgeführt wird“, sagte Mersch. Koalitionskreisen zufolge wird Finanzminister Wolfgang Schäuble voraussichtlich dieses Jahr rund fünf Milliarden Euro weniger Zinsen für die Altschulden des Bundes zahlen als geplant.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihre Leitzinsen im Währungsraum schon seit längerem auf einem sehr niedrigem Niveau. Inzwischen liegen sie auf dem Rekordtief von Null Prozent. Zur Ankurbelung der Konjunktur im Währungsraum erwerben die Euro-Wächter zudem seit März 2015 im großen Stil Staatsanleihen der Länder der Währungsgemeinschaft. Das Programm ist inzwischen auf 1,74 Billionen Euro angelegt und soll noch bis mindestens Ende März 2017 laufen.

Mersch sprach in Hachenburg auch die Situation der Banken an, die in ihrem Kreditgeschäft zunehmend unter der lockeren Geldpolitik leiden. Institute in Deutschland würden angeben, dass sich die Strafzinsen - sie liegen aktuell bei minus 0,4 Prozent - restriktiv auf ihre ausgereichten Kreditvolumina auswirken. Das lasse aufhorchen, sagte der EZB-Direktor. „Wir müssen wachsam sein, dass diese Entwicklung nicht auch auf andere Länder des Euro-Raumes übergreift.“ Dies müsse abgewogen werden, wenn es um den weiteren Kurs in der Geldpolitik gehe. „Dies betrifft Instrumente, Volumina und die Zeitachse“, sagte der EZB-Direktor.

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