EZB-Vorbericht Draghi kauft Anleihen von Telekom & Co.

Die EZB beginnt diesen Monat mit dem Kauf von Unternehmensanleihen. Auf seiner heutigen Pressekonferenz könnte EZB-Chef Draghi letzte Details nennen. Doch das ist nur eines seiner wichtigsten Themen.

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Ab Juni hat der Italiener auch Anleihen von Unternehmen auf der Einkaufsliste. Quelle: AFP

Frankfurt Der Einkaufszettel von Mario Draghi ist bereits lang - doch er wird noch länger. Schon jetzt kauft die Europäische Zentralbank Staatsanleihen, Kreditverbriefungen und Pfandbriefe der verschiedenen Euro-Länder. Ab Juni kommen auch noch Anleihen zahlreicher Unternehmen hinzu. Zum Beispiel kann sie Zinspapiere von Daimler, Deutscher Telekom oder Bayer kaufen.

Auf seiner heutigen Pressekonferenz in Wien könnte EZB-Chef Draghi letzte Details zu den Modalitäten der Käufe nennen. Doch dies ist nicht das einzige Thema, dass die Euro-Notenbanker derzeit umtreibt. Auch mit Griechenland und der Inflation im Euroraum und einem möglichen EU-Austritt Großbritanniens werden sie sich wohl befassen. Die wichtigsten Themen im Überblick:

1. Unternehmensanleihen

Los geht es mit den Käufen von Unternehmensanleihen im Juni, wobei das Datum nicht feststeht. Die Notenbank will auf Euro lautende Anleihen von Unternehmen kaufen, die von mindestens einer der  Ratingagentur Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch oder DBRS das Gütesiegel Investment-Grade für gute Bonität haben. Im Umkehrschluss heißt das aber, dass die Notenbanker auch Bonds von Unternehmen auf ihre Bilanz nehmen können, die einige Ratingagenturen als wenig kreditwürdige Ramschanleihen einstufen. Zu den Unternehmen mit solchen „Split-Ratings“ gehören zum Beispiel Fresenius und Fresenius Medical Care, Energias de Portual, Telecom Italia oder Remy Cointreau.

Auch ansonsten lässt sich die EZB bei den Kriterien großen Spielraum. So darf sie nicht nur Anleihen von Unternehmen aus der Euro-Zone kaufen, sondern auch von Unternehmen die Töchter im Euro-Raum haben und hier wirtschaftlich relevant sind. Zudem müssen die Unternehmen zu den Firmen gehören, deren Kredite Banken als Sicherheit bei der EZB einreichen können. Damit finden sich auch Anleihen von Unternehmen aus Großbritannien wie Vodafone oder Rolls Royce auf der Liste.

Mögliche US-Unternehmen, deren Bonds die EZB kaufen könnte, sind der Baumaschinenhersteller Caterpillar oder Coca Cola. Die Laufzeit der Papiere soll zwischen sechs Monaten und 31 Jahren liegen. Offen ist, wieviel Anleihen die EZB kauft. Investoren und Banken gehen von monatlich fünf bis zehn Milliarden Euro aus. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Notenbankkreise könnte die EZB jedoch deutlich langsamer starten und zunächst nur rund eine Milliarde Euro an Firmenbonds kaufen. Dies würde den Bondmarkt laut Analysten belasten und zu fallenden Kursen und steigenden Renditen führen, da sich Investoren bereits auf die EZB als großen Käufer eingestellt haben.

2. Griechenland

Auch in puncto Griechenland gibt es Bewegung. In der vergangenen Woche haben sich die Euro-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf weitere Hilfen für Griechenland geeinigt. Die Geldgeber und die Regierung in Athen verständigten sich grundsätzlich auf die Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro. Dies könnte bedeuten, dass die EZB griechische Staatspapiere wieder als Sicherheiten für ihre Refinanzierungsgeschäfte akzeptiert. Seit Anfang 2015 tut sie dies nicht mehr. EZB-Vize Vitor Constâncio hatte im vergangenen Sommer gesagt, die EZB werde griechische Staatspapiere wieder als Sicherheiten akzeptieren, sobald das zwischen Griechenland und seinen Gläubigern ausgehandelte Programm glaubwürdig umgesetzt werde.

Für die griechischen Banken wäre ein solcher Schritt eine deutliche Erleichterung. Sie könnten sich dann wieder günstiger bei der Notenbank finanzieren. Momentan sind sie auf Ela-Notkredite angewiesen, die höher verzinst werden müssen.


Höhere Inflationsprognose möglich

3. Brexit

Ein großer Unsicherheitsfaktor über den die Euro-Notenbanker ebenfalls sprechen dürften ist das britische Referendum über einen möglichen EU-Austritt Ende Juni. Sollten sich die Briten dafür entscheiden, könnte das Zweifel am Zusammenhalt von EU und Eurozone wecken und für erhebliche Unruhe an den Finanzmärkten schüren. Das würde auch die EZB auf den Plan rufen. Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, sieht ihre Rolle in diesem Fall vor allem darin, genug Liquidität für das Bankensystem bereitzustellen.

4. Inflation

EZB-Chef Draghi wird außerdem neue Inflations- und Wachstumsprognosen vorlegen. Im März hatte die Notenbank ihre Projektionen für die Preisentwicklung deutlich nach unten korrigiert. Für 2017 rechnet sie lediglich mit einer Inflation von 1,3 Prozent - was immer noch deutlich von ihrem Ziel von knapp zwei Prozent abweicht. Inzwischen deutet manches wieder auf eine höhere Inflation hin.

Ein Grund ist die Erholung des Ölpreises. Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn hat er wieder über 75 Prozent zugelegt und zeitweise die psychologisch wichtige Marke von 50 Dollar je Barrel übersprungen. Das könnte dazu führen, dass die EZB ihr Inflationsziel schneller erreicht als angenommen.

Grund ist der sogenannte Basiseffekt. Da der Ölpreis zu Jahresbeginn 2016 so niedrig war, könnten die Preise im Vergleich dazu wieder stärker zulegen. Dafür spricht noch ein weiterer Faktor: Die Geldpolitik in den USA. Jüngst hat die Chefin der US-Notenbank Janet Yellen eine baldige Zinserhöhung in Aussicht gestellt. Tendenziell dürfte dies den Wechselkurs des US-Dollar gegenüber dem Euro stärken. Das macht Importe in der Eurozone teurer und stützt die Inflation. Gleichzeitig werden Exporte aus dem Euro-Raum im Ausland billiger - was der Konjunktur hilft.

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