EZB Achtung, neue Geldschwemme!

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Zwei Wirkungskanäle

Wo Anleger auf der Hut sein sollten
Mit der Krisenampel frühzeitig gewappnet sein Die Krisenampel ist ein Frühwarnsystem, um negative Auswirkungen auf die Kapitalanlage zu prognostizieren. Entwickelt wurde das Warnsystem von der Quirin Bank und dem Analysehaus Future Value Group. Rot signalisiert dabei eine akute Krise, grün hingegen steht für eine aktuell entspannte Situation. Gelb zeigt eine möglicheerweise drohende Krise an und sollte als Alarm verstanden werden. Quelle: Handelsblatt Online
Negative RealzinsenDie Zentralbanken halten durch Ihre zwar rückläufigen aber nach wie vor erheblichen Interventionen das Zinsumfeld weiter künstlich niedrig. Gegenüber ihren zwischenzeitlichen Höchstständen zum Jahreswechsel 2013 / 2014 haben sich so die Renditen für Staatsanleihen tendenziell wieder reduziert (so liegt die Rendite z. B. zehnjähriger deutscher Staatsanleihen aktuell nur noch bei 1,66 %, die des US-Pendants weiter deutlich höher aber ebenfalls rückläufig bei 2,74 %). Die Gefahr eines plötzlich stark steigenden Realzinses (also der nominalen Zinsen nach Abzug der Inflation) ergibt sich somit auch weiterhin nicht. Auch die Inflationsraten haben sich stabilisiert (im Februar lag die Inflation in Deutschland fast unverändert bei 1,2 %), so dass auch von dieser Seite kein sprunghafter Anstieg des Realzinsniveaus droht.Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
WährungskriseDer Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar bleibt weiter überaus fest. Aktuell überschreitet er mit einer Notierung von gut 1,3840 selbst die zwischenzeitlichen Höchststände vom Jahreswechsel. Trotz der nach wie vor ungelösten Euro-Problematik scheint der Kurs der Gemeinschaftswährung nach wie vor deutlich von den Beruhigungstendenzen im gemeinsamen Währungsraum zu profitieren. Selbst Kapitalmarktturbulenzen, wie sie im Februar in Bezug auf die Schwellenländer auftraten, die üblicherweise mit einer US-Dollar-Stärke einhergehen, konnten bislang an dieser trendmäßigen Entwicklung wenig ändern.Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
StaatsschuldenkriseEin weiteres Mal hat die Wirtschaftspolitik in den USA die sicherlich schmerzhafte Diskussion um eine Absenkung der enormen Staatsverschuldung umgangen und die Schuldenobergrenze für den Bundeshaushalt erneut erhöht. Die in den vergangenen Jahren bereits mehrfach geführte Diskussion um Sparmaßnahmen und Ausgabenkürzungen wird so mindestens bis ins nächste Frühjahr verschoben. Der Stand der US-amerikanischen Staatsverschuldung lag im letzten Jahr den Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) gemäß bei fast 106 % gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP). Für die Euro-Zone insgesamt betrug diese Quote im gleichen Zeitraum knapp 96 %.Ampel: Gelb, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
BankenkriseAufgrund der vielfältigen sonstigen wirtschaftspolitischen und auch außenpolitischen Themen – etwa in der Ukraine – richtet sich derzeit kaum Aufmerksamkeit auf den bevorstehenden Banken-Stresstest in Europa. Die EZB beteuert kontinuierlich, in jedem Fall stützend in den europäischen Bankensektor eingreifen zu können. Dies unterstreicht auch, dass die EZB mögliche Verwerfungen nach schlechten Ergebnissen befürchtet. Eine Entwarnung kann deshalb noch nicht gegeben werden. Die Bond-Spread-Indikatoren als Basis für die Krisenampel-Schaltung verharren derzeit weiter im „gelben“ Bereich.Ampel: Gelb, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
Versorgungs- und RohstoffpreiseTrotz der fortwährenden Verschärfung der Krim-Krise und ihrer möglichen Implikationen für die Versorgung großer Teile Europas mit Energierohstoffen (s. dazu auch unter „Transport- und Handelskrise“), zeigen sich die entsprechenden Preise an den Spot-Märkten derzeit weitgehend unbeeindruckt. So notierte Rohöl der europäischen Sorte Brent zuletzt mit knapp 108 US-Dollar je Barrel noch deutlich unter den Ständen zum Jahreswechsel (die US-Sorte WTI hat sich hingegen – vermutlich wegen teils enttäuschter Hoffnungen auf die Preiseffekte des sogenannten „Fracking“ – auf zwischenzeitlich fast 105 US-Dollar verteuert).Ampel: Grün, seit 20.12.2013 Quelle: dpa-dpaweb
Verbraucherpreis-InflationDie Nominal- und Reallohnentwicklung in Deutschland ist weiter unterdurchschnittlich. So teilte das Statistische Bundesamt Ende Februar mit, dass die Nominallöhne im Jahr 2013 durchschnittlich um lediglich 1,3 % gestiegen sind. Angesichts einer jahresdurchschnittlichen Inflationsrate von 1,5 % in 2013 sind damit die Reallöhne in Deutschland im Jahr 2013 erstmals seit 2009 wieder gefallen. Eine Nachfrageinflationskrise zeichnet sich daher momentan immer weniger ab.Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa

Allerdings laufen Zinssenkungen ins Leere, wenn das Preisniveau zurück geht und das nominale BIP schrumpft. Daher sind die Notenbanker erpicht darauf, dass die Anleihekäufe die Inflation in die Höhe treiben. Das kann über den Kredit- und den Wechselkurskanal geschehen. Kauft die EZB von den Geschäftsbanken Staatsanleihen, so bezahlt sie diese mit Zentralbankgeld. Die Banken können das Geld der Zentralbank verwenden, um damit Kredite an Unternehmen und private Haushalte zu refinanzieren. Auf diese Weise entsteht neues Geld in den Händen der Bürger und Unternehmen. Kaufen sie damit Güter und Dienstleistungen, steigen die Preise.  

Doch derzeit funktioniert der Kreditkanal in den Krisenländern nicht. Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Ausfallrisiken für Kredite wegen der schlechten Wirtschaftslage hoch. Die Banken stellen ihren Kunden daher (zu Recht) vergleichsweise hohe Zinsen in Rechnung (siehe Grafik).

Kreditzins in der Peripherie bleibt hoch Quelle: EZB

Das bremst die Kreditnachfrage. Zum anderen sind viele Bürger und Unternehmen in den Peripherieländern bis zur Halskrause verschuldet. Sie haben kaum Interesse an neuen Krediten. Dazu kommt, dass die schlechten Absatzaussichten und die hohe Arbeitslosigkeit die Nachfrage nach Investitions- und Konsumkrediten dämpfen. Zudem sind die Banken zurückhaltend bei Kreditgeschäften, weil sie ihre Bilanzen wegen der Überprüfung durch die EZB nicht mit wackeligen Krediten belasten wollen. Kein Wunder also, dass die Unternehmenskredite in Italien ihr Vorjahresniveau derzeit um fünf Prozent, in Spanien sogar um rund zehn Prozent unterschreiten.  

Die EZB könnte den gestörten Kreditkanal jedoch umgehen. Dazu müsste sie Anleihen und andere Wertpapiere direkt von den Bürgern und Unternehmen kaufen. Die Banken schrieben ihren Kunden den Verkaufserlös dann auf deren Konten gut. Das erhöht den Bestand an Sichteinlagen und die Geldmengen M1 und M3. Die EZB kann die Wirtschaft mithin auch mit Geld fluten und die Inflation erhöhen, wenn der Kreditkanal verstopft ist.

EZB misst Wechselkurs große Bedeutung zu

Der zweite Kanal, der der EZB zur Verfügung steht, ist der Wechselkurs des Euro. Kauft sie Staatsanleihen, so drückt sie deren Rendite nach unten. Das schmälert die Attraktivität von Anlagen in der Eurozone und verringert die Nachfrage nach dem Euro. Zudem dürften die Banken einen Teil des Geldes, das sie von der Zentralbank erhalten, in Ländern außerhalb der Eurozone anlegen, die mit höheren Zinsen locken. Das schickt den Euro-Wechselkurs auf Talfahrt und verteuert die Importe. Die EZB misst dem Wechselkurs des Euro zur Re-Inflationierung der Währungsunion große Bedeutung zu. Das zeigen die jüngsten Warnungen der Notenbanker vor einem starken Euro.

Euro-Streit in der Wirtschaft
Audi-Chef Rupert Stadler Quelle: dpa
Wolfgang Reitzle Quelle: dpa
Peter Löscher Quelle: dapd
Lutz Goebel Quelle: Maria Schulz
Hans-Peter Keitel Quelle: Reuters
Franz Fehrenbach Quelle: dapd

Sollen die Anleihekäufe die Zinsen spürbar senken und die Inflation erhöhen, muss die EZB tief in die Tasche greifen. 1000 Milliarden Euro, so heißt es in Zentralbankkreisen, plane sie für den Kauf von Anleihen. Das entspricht  rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung der Eurozone. Die Bilanzsumme der Notenbank erhöhte sich dadurch um mehr als 46 Prozent. Welche Anleihen aber wird die EZB kaufen? Um den Euro zu schwächen, böte es sich an, neben Euro-Staatsanleihen auch US-Staatsanleihen zu erwerben. Allerdings riskierte die EZB dann den Vorwurf, sie manipuliere die Devisenkurse.

Um den Eindruck zu vermeiden, bei den Anleihekäufen ginge es um die Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, könnte die EZB neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen, Bankanleihen und Aktien erwerben. Bei der regionalen Auswahl könnte sie sich am Anteil der Länder am EZB-Kapital orientieren. Das bedeutet, die Notenbank würde 26 Prozent deutsche Anleihen, 20 Prozent französische und 18 Prozent italienische Anleihen erwerben.  Außerdem könnte  der EZB-Rat beschließen, dass die nationalen Zentralbanken nur Anleihen ihres eigenen Landes kaufen. Das trüge dazu bei, den zu erwartenden Widerstand der Bundesbank gegen ein Anleihekaufprogramm zu brechen.

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