Folgen der Corona-Pandemie Die größte aller Weltwirtschaftskrisen

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Von Tag zu Tag steigt das Risiko einer Großen Depression

Allerdings sind diese defizitfinanzierten Interventionen vollständig zu monetarisieren. Würde man sie mittels standardmäßiger Staatsschulden finanzieren, käme es zu einem drastischen Anstieg der Zinssätze und die Erholung wäre im Keim erstickt. Angesichts der Umstände sind die von linken Anhängern der Modern Monetary Theory schon lange vorgeschlagenen Interventionen, wie etwa das Helikoptergeld, nun im Mainstream angekommen.

Leider ist im Hinblick auf das Bestfall-Szenario festzustellen, dass die Gegenmaßnahmen im Gesundheitswesen der Industrieländer weit hinter jenen Schritten zurückbleiben, die zur Eindämmung der Pandemie erforderlich sind. Und auch das derzeit diskutierte fiskalpolitische Paket ist weder umfassend noch rasch genug umsetzbar, um die Voraussetzungen für eine rechtzeitige Erholung zu schaffen. Daher steigt von Tag zu Tag das Risiko einer neuerlichen, noch schlimmeren Großen Depression – also einer noch größeren Depression.

Gelingt es nicht, die Pandemie zu stoppen, werden Ökonomien und Märkte auf der ganzen Welt ihren freien Fall fortsetzen. Aber selbst wenn die Pandemie mehr oder weniger eingedämmt ist, könnte das Gesamtwachstum bis Ende 2020 nicht wiederkehren. Schließlich wird bis dahin sehr wahrscheinlich eine weitere Virensaison mit neuen Mutationen beginnen. Therapeutische Interventionen, auf die man vielerorts setzt, könnten sich als weniger wirksam als erhofft erweisen, weswegen die Volkswirtschaften möglicherweise erneut schrumpfen und die Märkte zusammenbrechen.

Darüber hinaus wäre es möglich, dass die fiskalischen Gegenmaßnahmen an ihre Grenzen stoßen, wenn die Monetarisierung massiver Defizite zu hoher Inflation führt - insbesondere wenn eine Reihe virusbedingter negativer Angebotsschocks das potenzielle Wachstum verringert. Und viele Länder können derartige Kredite nicht in ihrer eigenen Währung aufnehmen. Wer würde Regierungen, Unternehmen, Banken und Haushalte der Schwellenländer retten?

Selbst wenn es gelänge, die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen unter Kontrolle zu bringen, könnte die Weltwirtschaft mit einer Reihe von Extremrisiken nach dem Muster der „weißen Schwäne“ konfrontiert sein: Angesichts der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen wird die COVID-19-Krise zu erneuten Konflikten zwischen dem Westen und mindestens vier revisionistischen Mächten führen, nämlich China, Russland, Iran und Nordkorea, die sich alle bereits der asymmetrischen Cyberkriegsführung bedienen, um die USA von innen heraus zu schwächen. Die unvermeidlichen Cyber-Angriffe auf den Wahlprozess in den USA könnten zu einem umstrittenen Endergebnis führen, wobei diese Entwicklung möglicherweise auch mit Vorwürfen der Wahl-„Manipulation“ und der Möglichkeit regelrechter Gewaltausbrüche und Unruhen einhergeht.

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von Malte Fischer

Auch haben die Märkte die Gefahr eines Krieges zwischen den USA und dem Iran in diesem Jahr erheblich unterschätzt. Zudem beschleunigt sich die Verschlechterung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen, da man sich gegenseitig die Schuld am Ausmaß der COVID-19-Pandemie in die Schuhe schiebt. Die aktuelle Krise dürfte den Niedergang der Weltwirtschaft in den kommenden Monaten und Jahren noch forcieren.

Dieses Dreigestirn an Risiken – eine unkontrollierte Pandemie, unzureichendes wirtschaftspolitisches Rüstzeug und geopolitische „weiße Schwäne“ – würden reichen, um die Weltwirtschaft in eine anhaltende Depression und einen nicht mehr beherrschbaren Zusammenbruch der Finanzmärkte zu stürzen. Nach dem Absturz des Jahres 2008 gelang es mit einer energischen (wenn auch verzögerten) Kraftanstrengung, die Weltwirtschaft vor dem Abgrund zu retten. Diesmal könnten wir weniger Glück haben.

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