




In wenigen Tagen findet der G20-Gipfel in Brisbane, Australien, statt. Die Gastgeber haben sich auf die Fahnen geschrieben, zu einem steileren weltwirtschaftlichen Wachstumspfad zu gelangen. Dazu soll es feste Vereinbarungen geben. Es kann bezweifelt werden, dass ein belastbarer Vertrag dabei herauskommt. Was aber sicher ist, ist eine Verschiebung der Rollen innerhalb der Weltwirtschaft.
Das erkennt man übrigens auch, wenn man in den am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht 2014/15 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) schaut. Dem Bericht zufolge wird das Wachstum in Deutschland in 2014 geringer ausfallen als erwartet und in 2015 weiter fallen. Der Rat sieht die Ursachen in der deutschen Sozial- und Wirtschaftspolitik und regt an, Marktprozessen mehr zuzutrauen.
Damit sind wir mitten im Thema: Wo findet Wachstum in Zukunft statt? Findet es überhaupt noch statt? Oder ist Pessimismus angesagt?
Jahrelang galten die BRIC-Länder, das heißt Brasilien, Russland, Indien und China als die großen Hoffnungsträger der Weltwirtschaft. Wie sich gerade zeigt, leiden alle vier an jeweils eigenen Problemen, die die Prognosen eher ein wenig düster ausfallen lassen. Chinas Wachstum droht zu erlahmen, und das bei zunehmenden Umweltproblemen, Brasilien und Indien bekommen die sozialen Problem nicht in den Griff, und Russland leidet unter dem Ressourcenfluch und einer eher planwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik.
In gewisser Weise leiden alle vier an den Problemen, die sich nach rasanten Aufholprozessen einstellen: Es ist schwerer zu innovieren als zu imitieren, und mit steigendem Wohlstand steigt auch die Nachfrage nach Sozialleistungen an, weil mehr zu verlieren ist. Insgesamt zeigt sich ein aus Europa bekanntes Muster. Dennoch ist zu erwarten, dass diese Länder in den nächsten Jahren deutlich schneller wachsen werden als die meisten Länder Europas. Überhaupt wächst vermutlich in Zukunft niemand langsamer als Kern-Europa (das heißt die Eurozone), von einigen Ausreißern abgesehen.
Die BRIC-Staaten schwächeln
BIP-Wachstum 2010: 10,4 Prozent
BIP-Wachstum 2013 (Prognose): 7,8 Prozent
Quelle: IWF
BIP-Wachstum 2010: 11,2 Prozent
BIP-Wachstum 2013 (Prognose): 5,6 Prozent
BIP-Wachstum 2010: 4,5 Prozent
BIP-Wachstum 2013 (Prognose): 2,5 Prozent
BIP-Wachstum 2010: 7,5 Prozent
BIP-Wachstum 2013 (Prognose): 2,5 Prozent
Die WirtschaftsWoche untersucht gerade die Zukunftsmärkte und nennt unter anderem einige Länder Osteuropas, Asiens und Afrikas, die zu zukünftigen Wachstumspolen werden könnten. Das leitet über zur Frage, welche Voraussetzungen für ein hohes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum erfüllt sein müssen. Es gibt dazu eine große Anzahl empirischer Studien, die natürlich – wie sollte es auch anders sein – nicht widerspruchsfrei sind. Dennoch gibt es einige Muster.
- Die Existenz und Funktionsfähigkeit von Märkten ist unabdingbar.
- Eine funktionierende Rechtsordnung mit privaten Eigentumsrechten und Rechtsstaatlichkeit ist eine weitere Grundvoraussetzung.
- Die Abwesenheit von Korruption ist ebenfalls wachstumsfreundlich, anders gewendet: Korruption ist eine echte Wachstumsbremse!
- Es gibt Grenzen der Staatsverschuldung, die aber nicht bei Null liegen. Staatsverschuldung, wenn nicht konsumtiv, sondern investiv verwendet, kann durchaus Wachstumsimpulse geben. Allerdings ist nicht jede Erhöhung der Staatsverschuldung wachstumsfördernd; und auch dies nur dann, wenn die Angebotsbedingungen stimmen.
- Angebotsbedingungen sind eine weitere Voraussetzung, denn Wachstum ist ein angebotsgetriebener Prozess (dadurch unterscheidet es sich von der Konjunktur). Potentielle Investoren müssen Chancen erkennen und diese dann ergreifen. Neben den schon genannten Bedingungen sind gute Bildungsstandards, gute Infrastruktur und wettbewerbsfähige Lohnstückkosten (nicht absolute Lohnhöhen!) von Bedeutung.