Gastbeitrag Der „Gold-Euro“ – eine Versicherung gegen den Euro-Crash

Die Einführung eines „Gold-Euro“ würde Anleger vor Negativzinsen und Inflationsgefahren schützen. Er könnte auch als potentielles Notgeld dienen, falls der Euro auseinanderbrechen sollte. Ein Gastbeitrag.

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Ein Vorschlag für Edelmetall-Fans und Euro-Skeptiker. Quelle: obs

Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institutes und war Chefvolkswirt der Deutschen Bank; Flossbach von Storch setzt in der Vermögensverwaltung gerne auch auf Gold. Thorsten Polleit ist Chefökonom des Goldhändlers Degussa und volkswirtschaftlicher Berater der Polleit & Riechert Investment Management LLP; Ulrich van Suntum lehrt VWL an der Universität Münster und ist stellvertretender Vorsitzender der Euro-kritischen Alfa-Partei, der Abspaltung der AfD.

Während Flüchtlinge, Türkei und islamistischer Terror derzeit die Schlagzeilen bestimmen, schwelt die Eurokrise weiter. Ein Scheitern des Euro ist möglich, manche halten das sogar für wahrscheinlich. Im Folgenden beschreiben wir die Idee einer Schattenwährung, des „Gold-Euro“, die im Fall eines Auseinanderbrechens der Eurozone sofort als Notgeld und gegebenenfalls auch als dauerhafte Währung landesweit oder regional im Euroraum genutzt werden könnte.

Der Gold-Euro soll zunächst vor allem eine inflationsgesicherte und gegen Negativzinsen immunisierte Wertaufbewahrung ermöglichen, und zwar durch Bindung des Wertaufbewahrungsmittels an das Gold. Damit würden die Sparer zwar den Schwankungen des Goldpreises unterliegen, hätten jedoch in langfristiger Sicht einen verlässlichen Schutz gegen die in Euro auftretende Inflation. Im Grundsatz könnte der Gold-Euro auch die beiden anderen Geldfunktionen erfüllen, d.h. sowohl als Recheneinheit als auch als Zahlungsmittel dienen, wenn hohe Schwankungen der Euro-Inflation diese Funktionen der Gemeinschaftswährung einschränken.

Der Gold-Euro folgt der gleichen Idee wie die Mark Banko im 18. Jahrhundert und die Goldmark während der Hyperinflation der 1930er Jahre. Auch diese Währungen wurden als privates Notgeld in einem instabilen offiziellen Geldsystem emittiert. Heute gibt es allein in Deutschland bereits mehr als 50 – wenn auch regional begrenzte – Privatwährungen, und mit rein elektronischen Währungen wie dem Bitcoin hat der Euro ohnehin bereits Konkurrenz bekommen. Außerdem nutzen Anleger Gold in physischer Form oder in Form von Anteilsscheinen an Goldfonds als Mittel zur Wertaufbewahrung. Allerdings wäre eine staatliche Unterstützung bei der Festlegung der Standards für den Gold-Euro nützlich.

Emission des Gold-Euro

Im Münzgesetz vom 16. Dezember 1999 wird „das Bundesministerium der Finanzen …ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu versagen oder unter Bedingungen zuzulassen, dass Medaillen und Münzstücke, bei denen die Gefahr einer Verwechslung mit deutschen Euro-Gedenkmünzen besteht, hergestellt, verkauft, eingeführt oder zum Verkauf oder anderen kommerziellen Zwecken verbreitet werden.“

Das BMF könnte daher die Ausgabe einer realen oder virtuell in Gold denominierten Münze (Gold-Euro) per Verordnung zulassen. Eine offizielle Zulassung wäre nicht nötig, wenn die Münze keinen Bezug zum Euro hätte. Dieser wäre aber beim Gold-Euro durchaus gewünscht. Außerdem würde das Vertrauen in eine ordentliche Ausgabe gestärkt. Ein realer Gold-Euro könnte 1 Gramm physisches Gold enthalten, ein virtueller Gold-Euro dementsprechend einen Anspruch auf 1 Gramm Gold.

Die realen Gold-Euro-Münzen würden von denjenigen Münzstätten der Länder ausgeprägt, die sich dazu bereit erklären und die der Bund beauftragt. Das Verfahren bei der Ausprägung würde entsprechend § 6 des Münzgesetzes der Aufsicht des Bundesministeriums der Finanzen unterliegen. Die Münzen könnten verschieden denominiert werde, z.B. in 1, 5, 10 Gold-Euros (entspricht etwa 38€, 190€, 380€) oder 10, 50 Goldcents (entspricht etwa 3,8€, 19€). Die Ausgabe virtueller Gold-Euros, die durch Hinterlegung der entsprechenden Goldmenge voll gedeckt sein müssen, könnte durch zugelassene oder beaufsichtigte Finanzinstitute erfolgen.


Handel des Gold-Euro

Die realen Münzen würden von den Münzstätten zum Goldwert zuzüglich der Herstellungskosten abgegeben. Ihr Wechselkurs zum Euro würde im Sekundärhandel durch den Preis am Goldmarkt sowie Zu- oder Abschläge für die physische Verfügbarkeit der Münzen bestimmt. Daraus könnten aber auch virtuelle Münzen entstehen, d.h. ein Buchgeld, welches in Gold-Euro-Einheiten definiert und durch Anteilscheine an einem Goldfonds gedeckt ist. Letztere würden von den Emittenten zum Briefkurs abgegeben, der sich aus Goldpreis und Handelsspanne zusammensetzt. Die Emittenten würden sich verpflichten, einen Geldkurs zu stellen, so dass die Geld-Brief Spanne z.B. 1 Prozent nicht übersteigt.

Vorteile gegenüber dem Status-quo

Die Wertaufbewahrung würde durch das Halten von realen und virtuellen Goldmünzen einfacher und sicherer. Auch Anleger ohne Wertpapierdepot könnten durch den Erwerb von Goldmünzen Ersparnisse in Gold bilden. Nimmt die Nachfrage nach virtuellen Gold-Euros zu, können Depotbanken standardisierte und billige Produkte zur Verwahrung der virtuellen Gold-Euros anbieten. Schließlich könnte sich der virtuelle Gold-Euro (wie Bitcoin) mittels der Blockchaintechnologie kosteneffizient zu einem Mittel für bargeldlose Zahlungen entwickeln.

Funktionen des Gold-Euro

In der derzeitigen Situation hätte der Gold-Euro vor allem die Funktion eines Wertaufbewahrungsmittels, um die Geldanleger vor der Belastung durch Negativzinsen sowie vor drohenden Inflationsgefahren zu schützen. Er würde vermutlich vor allem zur Aufbewahrung größerer Geldvermögensbestände genutzt werden, möglicherweise auch für größere geschäftliche Transaktionen. Da sein Wert mit dem in Euro ausgedrückten Goldpreis täglich schwankt, würden alltägliche Zahlungen vermutlich weiterhin in normalen Euro erfolgen.

Dies könnte sich jedoch ändern, wenn die Inflationsrate deutlich ansteigen und instabil werden würde, oder der Euroraum gar ganz auseinanderbrechen würde. In diesem Fall würde sich der Gold-Euro auch als Recheneinheit und Zahlungsmittel durchsetzen, ebenso wie dies bei der historischen Goldmark der Fall war. Preise und Löhne würden dann in Gold-Euro und nicht mehr in Euro festgelegt werden.

Hinzu käme die Möglichkeit, mehrere private Währungen auf dieser Basis und damit entsprechenden Wettbewerb der Emittenten zuzulassen. Wettbewerb im Währungsbereich würde den Marktteilnehmern die größtmögliche Freiheit geben, das aus ihrer Sicht attraktivste und sicherste Geld mit den geringsten Haltungskosten nachzufragen. Nicht zuletzt würden auch die politischen Missbrauchsmöglichkeiten des monopolisierten Euro-Geldwesens eine wirksame Begrenzung erfahren. Das alleine wäre schon ein großer volkswirtschaftlicher Gewinn.

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