Den Zentralbanken (dem Jäger) ist es geschickt gelungen, ihre Rolle bei der Entstehung der Kreditblase kleinzureden und die Schuld weitgehend den Banken (dem Hund) zuzuschreiben. Dabei half ihnen, dass sich einige Banken und Banker während der Entstehung der Blase publikumswirksam wild gebärdet hatten. Doch hätten die Banken ohne die Zinsanreize der Zentralbanken den Kreditboom kaum entfachen können. Nun wird der Hund einerseits geprügelt, sprich: die Banken mit umfassenden Regulierungen überzogen, und andererseits wieder auf die Jagd geschickt, sprich: zur Kreditvergabe ermuntert. Da der Hund (die Banken) nicht mehr so recht will, übernimmt der Jäger (die Zentralbanken) die Hetze (Kreditvergabe) selbst.
Bedenklich dabei ist, dass sich die Zentralbanken von ihrem durch die Finanzkrise diskreditierten Modell der Wirtschaft nicht verabschiedet haben. Immer noch leiten sie ihre Politik aus dem vermeintlichen Grad der Kapazitätsauslastung der Wirtschaft ab, der in den USA und Großbritannien als Differenz zwischen tatsächlicher und langfristig mit stabiler Inflation einhergehender Arbeitslosigkeit gemessen wird. Und wieder sind sie blind für Übertreibungen an den Märkten für Vermögenswerte, wie sie in manchen Renten- und (schon wieder) Immobilienmärkten zu sehen sind. Schlimmer noch, indem die Zentralbanken faule Bankkredite durch eigene Kredite ersetzen, verschleppen sie die Liquidierung vergangener Fehlinvestitionen und zementieren ineffiziente Wirtschaftsstrukturen. Dadurch wird einerseits das langfristig mögliche Wachstum der Wirtschaft gedrückt. Andererseits verringert sich der Geldwert, da die Zentralbanken nun minderwertige Kredite durch die Ausgabe von Geld finanzieren. Wie in Großbritannien schon zu sehen ist, führt eine solche Politik schließlich zu erhöhter Inflation bei unbefriedigendem Wachstum, für das in den Siebzigerjahren der Begriff Stagflation geprägt wurde.
Noch sind die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte auf niedrigem Niveau stabil. Gefahr droht jedoch, wenn die Wirtschaftssubjekte das Vertrauen in die Geldwertstabilität verlieren und die Inflationserwartungen steigen. Dann werden die Zentralbanken vor die Frage gestellt: Sollen zur Stabilisierung der Inflationserwartungen die Zinsen erhöht und damit ein erneuter Einbruch der Wirtschaftsaktivität in Kauf genommen werden, oder soll der Anstieg der Inflationserwartungen toleriert werden? Da bei einer erneuten Rezession die Schuldenlast für private und öffentliche Akteure erdrückend werden könnte, dürften die Zentralbanken vor kräftigen Zinserhöhungen zurückschrecken. Geraten aber die Inflationserwartungen außer Kontrolle, wie es schon einmal in den Siebzigerjahren der Fall war, so mutiert die Finanzkrise von der Kreditkrise in eine Krise unseres Geldsystems. Anfang der Achtzigerjahre erlebte unser System des künstlich geschaffenen Geldes, das mit der Loslösung des Dollar vom Gold 1971 entstanden ist, schon einmal eine Vertrauenskrise. Damals stabilisierte der amerikanische Zentralbankchef Paul Volcker das System, indem er die Zinsen nach oben riss und die schärfste Rezession der US-Wirtschaft seit der Depression in den Dreißigerjahren in Kauf nahm. Ein neuer Volcker ist heute weit und breit nicht in Sicht.