Geistesblitze der Ökonomie (XII) Thünens Ringe helfen den Bauern

Seite 3/3

Räumliche Spezialisierung bleibt wichtig

Welche Auszeichnungen es für Ökonomen jenseits des Nobelpreises gibt
Michèle Tertilt Quelle: Presse
Die Top Five in Deutschland2. IZA-Preis für ArbeitsökonomikVergeben von: Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), BonnTurnus: jährlich, nächste Verleihung: Herbst 2013Preisgeld: 50.000 EuroAktueller Preisträger: Daniel Hamermesh, Wirtschaftsprofessor an der University of Texas at Austin und dem Londoner Royal Holloway College. Das 1998 gegründete IZA vergibt seinen Preis speziell für das Fachgebiet Arbeitsmarktökonomik. Er soll laut Satzung besondere wissenschaftliche Leistungen anerkennen und einen Anreiz bieten, drängende Fragen der Arbeitsmarktpolitik zu erforschen. Das IZA lobt seinen Preis zwar in Deutschland aus, betont aber die internationale Ausrichtung. Sieger einer deutschen Universität gab es in den vergangenen zehn Jahren nicht. Dafür aber erreichten manche Preisträger später noch höhere Weihen: Dale Mortensen und Christopher Pissarides, die sich mit Suchkosten auf dem Arbeitsmarkt beschäftigen, erhielten 2005 den IZA-Preis - und fünf Jahre später den Ökonomie-Nobelpreis. Quelle: Presse
Die Top Five in Deutschland3. Bernhard-Harms-PreisVergeben von: Institut für Weltwirtschaft (IfW), KielTurnus: alle zwei Jahre, nächster Termin 2014Preisgeld: 25.000 Euro, gestiftet von der Förderungsgesellschaft des IfWAktueller Preisträger: Gene Grossman (Princeton University, Fachgebiet Außenhandelsökonomie)  Die nach IfW-Gründer Bernhard Harms benannte Auszeichnung gibt es bereits seit 1964, die Auswahl trifft ein eigenes Kuratorium. Geehrt wird eine Person, die "sich durch hervorragende Leistungen auf dem Gebiet weltwirtschaftlicher Forschung ausgezeichnet hat oder die durch ihre Tätigkeit in der Wirtschaftspraxis einen herausragenden Beitrag zur Förderung weltwirtschaftlicher Beziehungen geleistet hat". Quelle: Presse
Die Top Five in Deutschland4. Weltwirtschaftlicher PreisVergeben von: Institut für Weltwirtschaft, Stadt Kiel, IHK Schleswig-HolsteinTurnus: jährlich, nächster Termin: 2014Preisgeld: undotiertAktuelle Preisträger: Gro Harlem Brundtland, Joseph Stiglitz, Mohammed Ibrahim Hier dürfen auch Nicht-Ökonomen hoffen, denn den weltwirtschaftlichen Preis des IfW gibt es gleich dreimal. Ausgezeichnet werden je ein Ökonom, ein Unternehmer und ein Politiker. Voraussetzung: Sie haben dazu beigetragen, "die großen wirtschaftlichen Herausforderungen durch kreative Problemlösungen zu bewältigen." Quelle: dpa
Die Top Five in Deutschland5. Deutsche Bank Prize in Financial EconomicsVergeben von: Centre for Financial Studies der Universität Frankfurt, Stiftungsfonds Deutsche BankTurnus: alle zwei Jahre, nächster Termin: voraussichtlich September 2015Preisgeld: 50.000 DollarAktueller Preisträger: Raghuram Rajan (University of Chicago, Zentralbankchef von Indien) Dieser Preis ehrt international anerkannte Forscher, deren Arbeit erheblichen Einfluss auf die Finanzwissenschaft hatte. Der Preisträger muss bahnbrechende Fortschritte in der theoretischen und praktischen Wirtschaftsforschung erzielt haben, so die Ausschreibung. 4000 Professoren weltweit können Kandidaten vorschlagen, eine Jury stimmt über den Sieger ab. Die Organisatoren haben den Ehrgeiz, ihren Preis zu der nach dem Nobelpreis wichtigsten Auszeichnung für Ökonomen zu machen. Zur Preisverleihung findet stets ein großes wissenschaftliches Symposium statt. Quelle: Presse
Die Top Five international1. John Bates Clark MedalVergeben von: American Economic Association (AEA)Turnus: jährlich, nächster Termin: Frühjahr 2014Preisgeld: undotiert, Verleihung einer MedailleAktueller Preisträger: Raj Chetty (Harvard University) Ihr Spitzname ist "Baby Nobel": Die seit 1947 vergebene John Bates Clark Medal gilt nach dem Nobelpreis als prestigeträchtigste Auszeichnung für Ökonomen - und dies, obwohl nur Wirtschaftswissenschaftler unter 40 Jahre in die Auswahl kommen. Potenzielle Preisträger müssen in den USA forschen (es können also auch Ausländer gewinnen) und "einen signifikanten Beitrag zum ökonomischen Denken und Wissen" geleistet haben. Ein Nachwuchspreis also, aber einer auf höchstem wissenschaftlichen Niveau: Über ein Drittel der bisherigen Preisträger erhielt später den Nobelpreis, zuletzt Paul Krugman (2008). Unter den Medaillenbesitzern finden sich so illustre Namen wie Paul Samuelson, Milton Friedman und Robert Solow; auch WirtschaftsWoche-Kolumnist Martin Feldstein hat die Medaille im Schrank. Quelle: Presse
Die Top Five international2. Yrjö-Jahnsson AwardVergeben von: Yrjö-Jahnsson FoundationTurnus: alle zwei Jahre, nächste Verleihung: 2015.Preisgeld: 18.000 EuroAktueller Preisträger: Hélène Rey, Thomas Piketty Der Yrjö-Jahnsson Preis gilt als renommiertester europäischer Wirtschaftspreis. Er wird an einen europäischen Ökonomen unter 45 Jahren verliehen, der einen bedeutenden Beitrag zur theoretischen oder angewandten ökonomischen Forschung in Europa geleistet hat. Den Preis vergibt die Yrjö Jahnsson Foundation  seit 1993. Nominiert werden die Gewinner von Mitgliedern der European Economic Association. 2011 konnte der Deutsche Armin Falk von der Universität Bonn den begehrten Preis gewinnen. Quelle: Presse

Wildnis? Spätestens hier dürfte klar werden, dass sich die im 19. Jahrhundert konstruierten Ringe kaum eins zu eins auf die heutige Zeit übertragen lassen – zumal in Zeiten der Globalisierung. „Insgesamt sind die Ringe ein Was-wäre-wenn-Modell unter eng definierten Bedingungen – ändern sich die Bedingungen, ändern sich die Ergebnisse“, sagt Thünen-Experte Kurz. „Gleichwohl finden wir bisweilen in wenig entwickelten Volkswirtschaften und in einigen ländlichen Regionen Europas wie der Toskana eine Raumordnung vor, die den Thünenschen Ringen nahekommt.“ Die Frage nach räumlicher Spezialisierung – ob sich etwa Getreide am lukrativsten in Russland, Deutschland oder Frankreich anbauen lässt – sei „im Zeitalter der Globalisierung wichtiger denn je“.

Unbekannte Schriften in Vorbereitung

„Unter Geografen und Raumwirtschaftstheoretikern ist Thünen der Gründungs-Gott“, schrieb der US-Nobelpreisträger Paul A. Samuelson. Sein Kollege Paul Krugman, ebenfalls Nobelpreisträger, bezieht sich in seinem wirtschaftsgeografischen Lehrbuch „Development, Geography and Economic Theory“ mehrfach auf den Deutschen. Thünen gab zudem wichtige Impulse für die heutige Stadtökonomie, die das bauliche, soziale und wirtschaftliche Geschehen rund um die Zentren der Ballungsräume untersucht. Und offenbar schlummern weitere Erkenntnisse in den Archiven: Der Ausschuss für Theoriegeschichte des Vereins für Socialpolitik bereitet derzeit die Veröffentlichung bislang unbekannter Schriften Thünens zur Ressourcenökonomik vor.

Wenig bekannt ist zudem, dass sich Thünen auch als Sozialreformer sah. „Er war ein großer Humankapitaltheoretiker, der sich intensiv mit der sozialen Frage auseinandersetzte“, sagt Kurz. 1850 veröffentlichte Thünen die Schrift „Der naturgemäße Arbeitslohn und dessen Verhältnis zum Zinsfuß und zur Landrente“. Er führte ein für die damalige Zeit revolutionäres Gewinnbeteiligungsmodell für seine Arbeiter ein, er zahlte Leistungslöhne und baute zwei Wohnhäuser fürs Personal.

In seiner mecklenburgischen Heimat ist Thünen denn auch nicht vergessen: Auf dem Gutsgelände in Tellow ist heute ein Thünen-Museum untergebracht. Gleich daneben gibt es einen Thünen-Park und eine Thünen-Begegnungsstätte. Im historischen Gutshaus, wo der Agrarforscher im 19. Jahrhundert über seinen Berechnungen brütete, können sich Ruhesuchende nun Ferienwohnungen mieten.

Der Tourismus als zusätzliche Einnahmequelle – darauf ist Bauer Thünen zu seiner Zeit noch nicht gekommen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%