
Wegen der Energiekrise rechnet die Bundesbank bald mit einer spürbaren konjunkturellen Talfahrt und rund zehn Prozent Inflation. „Es mehren sich die Anzeichen für eine Rezession der deutschen Wirtschaft im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung“, teilte die Notenbank am Montag in ihrem Monatsbericht mit.
Grund sei vor allem die Energiekrise in Folge des Ukraine-Kriegs. Nach dem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent im Frühjahr werde das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Sommer-Quartal voraussichtlich etwas schrumpfen.
„Alles in allem dürfte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal merklich zurückgehen“, betonten die Bundesbank-Fachleute. „Dies dürfte wohl auch für das erste Quartal des kommenden Jahres gelten.“ Der Ausblick sei ausgesprochen unsicher.
„Die hohe Inflation und die Unsicherheit in Bezug auf die Energieversorgung und ihre Kosten beeinträchtigen dabei nicht nur die gas- und stromintensive Industrie sowie deren Exportgeschäfte und Investitionen“, hieß es. Denn betroffen seien auch der private Konsum und die davon abhängigen Dienstleister.
Die Jahresteuerung in der Euro-Zone lag im August auf dem Rekordhoch von 9,1 Prozent und dürfte für weitere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgen. In Deutschland kletterte die Inflationsrate auf 7,9 Prozent. Mit Auslaufen des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts sei hier im September mit weiterem Schub zu rechnen, schrieben die Ökonominnen und Ökonomen der Bundesbank.
„Dies wird im laufenden Monat zu erneuten Preissteigerungen bei Energie und Dienstleistungen führen und die Inflationsrate entsprechend erhöhen.“ Die angekündigten Maßnahmen des jüngsten Entlastungspakets der Ampel-Koalition, etwa zur Gasumlage oder Strompreisbremse, würden sich dagegen wohl erst Anfang 2023 in den Verbraucherpreisen niederschlagen. „Die Inflationsrate dürfte unter dem Strich in den nächsten Monaten in den zweistelligen Bereich vorrücken."
Deutsche Geldinstitute vorbereitet auf kräftigen Zinanstieg
Die deutschen Geldinstitute sind einer Analyse der Bundesbank zufolge weitgehend gut gerüstet für einen unerwartet kräftigen Zinsanstieg. Insgesamt würde die Mehrheit der Institute demnach kurzfristig nur geringe Rückgänge der Zinsmarge erleiden, heißt es in dem Monatsbericht. Mittelfristig sollte eine Zinswende demnach die Zinsmarge deutscher Banken auf breiter Front spürbar positiv beeinflussen – auch weil steigende Marktzinsen nur unvollständig an Einleger weitergegeben werden dürften.
Dennoch seien die kurzfristigen Auswirkungen auf die Zinsmarge der einzelnen Banken unterschiedlich. Während in der Analyse bei weniger als fünf Prozent der Kreditbanken und einem Drittel der Landesbanken im ersten Jahr sinkende Zinsmargen auftreten, verringern sich letztere bei drei Vierteln der Kreditgenossenschaften und zwei Dritteln der Sparkassen sowie etwa bei der Hälfte der restlichen Institute.
„Mittelfristig dürfte die Zinsmarge deutscher Institute von einer Zinserhöhung allerdings profitieren“, teilte die Bundesbank weiter mit. Bereits im zweiten Jahr nach der Zinserhöhung würden gut 90 Prozent und im dritten Jahr nahezu alle Institute positive Effekte aufweisen. Die Bundesbank legte für ihre Berechnung das Szenario des sogenannten Baseler Zinsschocks zugrunde, das Aufseher regelmäßig zur Messung der Zinsänderungsrisiken von Banken verwenden.
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Dabei wird ein abrupter Zinsanstieg von 2,0 Prozentpunkten über alle Laufzeiten hinweg durchgespielt. Die Analyse ermittelt daraus die Veränderung der Zinsmarge eines Instituts jeweils im ersten, zweiten und dritten Jahr nach der Zinserhöhung.
Zinsänderungsrisiken stellen laut Bundesbank für viele Institute eine wesentliche Risikoart dar. Eine Ursache für deren Entstehung liegt in der typischen Geschäftsstruktur: Während die Kreditkunden häufig an einer Darlehensvergabe mit langfristig festgelegtem Zinssatz interessiert sind, wollen die Einleger über ihr Geld kurzfristiger verfügen können. Die Kreditinstitute kommen so ihrer volkswirtschaftlich gewünschten Aufgabe nach, indem sie kurzfristige Einlagen in langfristige Kredite wandeln.