Große Ökonomen Der Konstrukteur der Marktwirtschaft

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Eucken kann mit beiden Positionen wenig anfangen. „Die Wissenschaft ist aus Tatsachen gebaut wie ein Haus aus Steinen. Aber eine Ansammlung von Tatsachen ist ebenso wenig eine Wissenschaft wie ein Haufen Steine ein Haus“, hält er der Historischen Schule entgegen. Den Neoklassikern schreibt er ins Stammbuch: „Wer Modelle frei konstruiert und nicht die Formen in der Wirklichkeit sucht, treibt ein Spiel – nicht mehr.“

Eucken setzt dem ein theoretisch unterfüttertes „Denken in Ordnungen“ entgegen, das marktwirtschaftliche Funktionsmechanismen analysiert, sich aber nicht in abstrakten Modellen verliert. Für Eucken herrscht in der Marktwirtschaft eine Interdependenz mehrerer Teilordnungen, die sich gegenseitig beeinflussen. Aufgabe staatlicher Ordnungspolitik sei es, ein Eigenleben und Auseinanderklaffen von Sozial, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu verhindern und so ein konsistentes staatliches Gefüge zu schaffen.

Weltoffenes Elternhaus

Walter Eucken wird am 17. Januar 1891 in Jena geboren. Der Junge wächst in einem weltoffenen und kulturell interessierten Elternhaus auf: Vater Rudolf ist Philosophieprofessor und Nobelpreisträger für Literatur, Mutter Irene ist Malerin. Zu den Gästen, die in der Eucken’schen Villa in der Botzstraße ein- und ausgehen, zählen der Komponist Max Reger und Literaten wie Stefan George und Hugo von Hofmannsthal.

Eucken studiert Geschichte, Staatswissenschaften und Nationalökonomie an den Universitäten Kiel, Bonn und Jena. Nach der Promotion 1913 (Thema: „Die Verbandsbildung in der Seeschifffahrt“) stoppt der Erste Weltkrieg vorerst seine akademische Karriere, eine Dozentenstelle in New York kann er wegen des Kriegsausbruchs nicht antreten. Er wird stattdessen an die Front geschickt.

Nach dem Krieg habilitiert er sich an der Universität Berlin und arbeitet bis März 1924 als stellvertretender Geschäftsführer einer Fachgruppe beim Reichsverband der Deutschen Industrie. Es folgen Lehraufträge in Berlin und Frankfurt; 1925 erhält Eucken in Tübingen seine erste VWL-Professur. Doch erst zwei Jahre später wird der junge Ökonom wirklich sesshaft. Er übernimmt eine Professur für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg. Hier wird er den Rest seines Lebens bleiben.

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