Hans-Hermann Hoppe "Steuern sind Enteignung"

Seite 6/6

"Eigentumsfragen lassen sich ohne Staat lösen"

Keine politische Philosophie ist so kalt und inhaltsleer wie der Liberalismus – und keine zugleich so anspruchsvoll. Wahrscheinlich deshalb steckt die Idee der Freiheit ständig in der Krise.
von Dieter Schnaas

Nehmen wir mal an, wir folgten Ihnen und verlagerten klassische Staatsaufgaben wie den Eigentumschutz und die Rechtsprechung auf private Organisationen. Dann stehen wir vor dem Problem, dass in diesen Organisationen ebenfalls üble Gestalten das Kommando übernehmen und Kartelle zulasten der Bürger bilden?

Die Gefahr, dass es dazu kommt, ist gering. Kartelle können langfristig nur überleben, wenn der Staat sie schützt. Unternehmen gründen Kartelle, um den Markt untereinander aufzuteilen. Davon profitieren die schwachen Mitglieder. Die starken Mitglieder des Kartells hingegen können außerhalb des Kartells höhere Marktanteile erzielen. Sobald sie das erkennen, zerfällt das Kartell.

Bis dahin aber beuten die Kartellbrüder die Bürger aus.

Jetzt begehen sie aus Angst vor dem Tode Selbstmord. Wenn Sie die Aufgabe dem Staat übertragen, hat er von vornherein ein Monopol, das er missbrauchen kann, um die Freiheit der Bürger einzuschränken.

Wie wollen Sie denn in einer staatsfreien Privatrechtsgesellschaft mit dem Problem externer Effekt umgehen? Wer soll beispielsweise dafür sorgen, dass der Verursacher von Umweltschäden auch die Kosten trägt?

Das Problem ist einfach zu lösen. Man muss dem Geschädigten ein Klagerecht geben. Dann kann er den Verursacher eines Schadens zu einer Entschädigungszahlung verklagen. Im 19ten Jahrhundert war es Gang und Gäbe, dass Bürger gegen Unternehmen klagten, wenn diese ihr Eigentum durch Umweltverschmutzung schädigten. Später hat der Staat das Klagerecht eingeschränkt, um bestimmte Industriezweige zu schützen. Entscheidend ist, dass die Eigentumsrechte klar zugeordnet werden. Das Grundprinzip muss lauten: Wer zuerst da ist, erhält das Eigentumsrecht. Wenn zum Beispiel eine Firma einen Betrieb mit starker Schadstoffemission in der Nähe einer bestehenden Wohnsiedlung errichtet, dann können die Bürger auf Entschädigung klagen. Das ist ein einfaches Prinzip, das selbst Kinder verstehen. In den USA haben sich zur Zeit der Goldgräber ohne das Zutun des Staates Kriterien entwickelt, nach denen die Goldschürfer ihr Terrain abgrenzten. Damals gab es Personen, die die Claims registrierten. Das zeigt: Eigentumsfragen lassen sich ohne Staat lösen.

Die Landesverteidigung können Sie aber nicht ohne den Staat organisieren. Niemand kann von der Sicherheit, die eine Armee liefert, ausgeschlossen werden. Ergo braucht man den Staat, um alle Bürger via Steuern an den Kosten der Armee zu beteiligen.

Wer sagt ihnen denn, dass alle Bürger verteidigt werden wollen? Wir leben in einer Welt der Knappheit. Geld, das für die Verteidigung ausgegeben wird, steht für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung. Manche Menschen wollen vielleicht gar nicht verteidigt werden, sondern von ihrem Geld lieber in den Urlaub nach Hawaii fliegen. Sie würden sich bei einem Angriff von außen möglicherweise entscheiden, das Land zu verlassen und benötigen gar keine Verteidigung durch eine Armee.

Der Staat hat kein Recht, sie durch Steuern zur Finanzierung einer Streitkraft zu zwingen. In einer staatsfreien Gesellschaft können die Menschen, wenn sie dies wollen, kleinere Einheiten, etwa Dorfgemeinschaften, bilden und sich selbst verteidigen oder dafür private Sicherheitsdienste beauftragen. Sie hätten die Freiheit, selbst zu entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%