
Einige Wochen lang durften Ökonomen und Politiker träumen. Davon, dass der Höhenflug der Ölpreise, der starke Euro, die steigenden Zinsen und die abflauende Weltkonjunktur der deutschen Wirtschaft nichts anhaben können.
Doch jetzt hat es sich ausgeträumt. Der Einbruch des Ifo-Geschäftsklimaindex im Juni auf den tiefsten Stand seit Dezember 2005 hat Analysten und Politiker auf den harten Boden der Realitäten zurück geholt. Die Stimmung in den deutschen Unternehmen ist angesichts der Belastungsfaktoren weggeknickt. Die Betriebe schätzen nicht nur ihre aktuelle Lage schlechter ein als in den Vormonaten, sie haben auch ihre Erwartungen für die nächsten Monate deutlich nach unten revidiert.
Das zeigt, dass die deutsche Wirtschaft nicht immun ist gegen den weltwirtschaftlichen Schwächevirus. Sicher, die Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren durch Rationalisierungsprogramme fit gemacht für den weltweiten Wettbewerb. Dank ihres Exportsortiments reussieren sie zudem besonders auf den Märkten der nachfragestarken Schwellenländer. Doch das reicht nicht, um die schwindende Nachfrage auf den wichtigsten Absatzmärkten in Europa und Nordamerika wett zu machen.
Beginn eines kräftigen Abschwungs in Deutschland
In großen Handelspartnerländern wie den USA, Italien, Großbritannien und Spanien befindet sich die Wirtschaft kurz vor oder bereits in der Rezession, in Frankreich verschärft sich der Abschwung dramatisch. So rutschten die Einkaufsmanagerindizes für Euroland im Juni in der Industrie und im Dienstleistungssektor unter die Expansionsmarke von 50 Punkten. Die Botschaft ist klar: Nicht nur in den USA, auch in Europa befindet sich die Konjunktur auf Talfahrt.
Es wäre gefährlich zu glauben, dabei handelte es sich nur um eine kurze Konjunkturdelle. Das Gegenteil ist richtig. Deutschland befindet sich am Beginn eines kräftigen Abschwungs. Ein rascher Rückgang der Ölpreise ist ebenso wenig abzusehen wie eine Abwertung der Euro. Auch der im Gefolge der Finanzmarktkrise erschwerte Zugang zu Krediten und die höheren Zinsforderungen der Banken werden die Investitionen und den Konsum in den nächsten Quartalen nachhaltig bremsen. Es dürfte daher nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt kippt und die Zahl der Erwerbslosen wieder steigt.
Für die Europäische Zentralbank wird die Lage immer ungemütlicher. Während die Inflation weiter nach oben treibt, kühlt sich die Konjunktur gefährlich ab. Wahrscheinlich ist daher, dass die Eurohüter nach der bereits angekündigten Leitzinserhöhung Anfang Juli zunächst einmal inne halten werden. Sollte sich die Inflation im Gefolge des Konjunkturabschwungs im Verlauf des nächsten Jahres zurückbilden, ist wohl mit sinkenden Leitzinsen zu rechnen. Positive Impulse für die Konjunktur dürften davon aber frühestens im Jahr 2010 ausgehen.
Für Bundeskanzlerin Angela Merkel heißt das, dass sie sich darauf einstellen muss, den Bundestagswahlkampf im Herbst 2009 mitten im Abschwung zu führen. Steigende Arbeitslosenzahlen dürften aber kaum dazu beitragen, die Popularitätswerte der Kanzlerin zu steigern. Für die CDU könnte es sich daher noch als großer Nachteil erweisen, wenn die Koalition tatsächlich bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2009 hält.