Das haben immer mehr Hausbesitzer verinnerlicht. Dachdecker, Zimmerer und Installateure können sich vor Aufträgen kaum retten. Laut Verband der Bayerischen Bau- und Ausbauwirtschaft bezeichnen 52 Prozent der 3500 Betriebe ihre Auftragslage im ersten Quartal 2012 als „gut bis sehr gut“, nur noch 0,8 Prozent sagen, sie sei „schlecht“. Ein historischer Bestwert. Vor allem Private und der Wohnungsbau sorgten für den Boom, so Jens Ulrich von der Handwerkskammer München.
Bauschreiner Andreas Henschel aus dem Rheinland etwa hat erhebliche Terminprobleme. Sein Rücken schmerzt, dennoch rackert er jeden Tag von morgens um sieben, bis es dunkel wird. Mittlerweile sind ihm sogar Heimwerker recht – Menschen, die selbst Hand anlegen wollen. „Ich habe so viel zu tun, dass ich ganz froh bin, wenn einer mit anpackt, wenn der nicht grade zwei linke Hände hat“, sagt Henschel.
Schubkarren und Styroporplatten
Seine Klientel tummelt sich in den Baumärkten, Fliesen- und Küchenstudios der Republik. Im Düsseldorfer Bauhaus etwa spielen sich bizarre Szenen ab: Menschen mit ratlosen Gesichtern rennen hektisch um Regale, lange Einkaufslisten in der Hand; vor den wenigen Verkäufern haben sich Schlangen gebildet. Alle wollen etwas wissen: Passt der Anschluss auf das Rohr? Welcher Zaunanstrich ist wasserfest und trotzdem bio? Und wo zum Teufel sind die Diamantscheiben für den Winkelschleifer?
Wo wollen die Leute nur mit all den Schubkarren, Rotband-Säcken und Styroporplatten hin? Die Baumarktkette Hornbach steigerte den Umsatz in Deutschland von 2008 bis 2011 um knapp zehn Prozent auf 1,64 Milliarden Euro. „Die gute Konsumstimmung und Niedrigzinsen beflügeln den Wohnungsbau“, sagt Konzernchef Albrecht Hornbach.
Hohe Nachfrage und verlängerte Lieferzeit
„Boah, sind die teuer!“, entfährt es einem grauhaarigen Mittfünfziger in Cargo-Jeans und sportlicher Lederjacke, als er die Granitpfosten für die Beeteinfassung endlich im Duisburger Hornbach-Center gefunden hat. Spontan entscheidet er sich für die artifizielle Version des Randsteins aus Porenbeton, kostet knapp ein Drittel, erregt aber prompt das Missfallen seiner Frau. „Du weißt, dass mir das künstliche Zeug nicht gefällt; das sieht bei uns bald aus wie bei meinen Eltern!“
Künstlich oder nicht – Hauptsache neu. Bei Sorpetaler Fensterbau im Sauerland schieben die 60 Mitarbeiter seit einigen Wochen Überstunden. 90 Prozent der Endkunden sind Privatleute, „wir sind im oberen Preissegment aktiv, haben keine Kunststofffenster im Sortiment“, sagt Co-Chefin Elisabeth Appelhans. Die Lieferzeit für ihre Holz- und Holz-Alu-Fenster hat sich in diesem Frühjahr von drei bis vier Wochen auf acht Wochen verdoppelt. „Das liegt an der hohen Nachfrage; wir können 120 Fenster nicht in der gleichen Zeit bauen wie 80, wir kommen an unsere Kapazitätsgrenzen.“