
Die Mieten steigen, der Preisrückgang bei Sprit und Haushaltsenergie verlangsamt sich: Die Verbraucherpreise haben im Februar nach dem Rückgang im Vormonat wieder minimal zugelegt. Die jährliche Inflationsrate erhöhte sich auf plus 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Im Januar waren die Preise noch um 0,4 Prozent zum Vorjahresmonat gesunken - damit hatte die jährliche Teuerungsrate erstmals seit 2009 im Minus gelegen.
Zwar mussten die Verbraucher im Februar deutlich weniger als im Vorjahr für leichtes Heizöl (-22,0 Prozent) und Sprit (-12,7 Prozent) zahlen. Insgesamt verlangsamte sich der Verfall der Energiepreise jedoch: Im Februar sanken sie um 7,3 Prozent nach einem Rückgang um 9,0 Prozent zu Jahresanfang.
Dass die Verbraucherpreise insgesamt stiegen, liegt unter anderem daran, dass es für Mieter teurer wurde. Binnen Jahresfrist erhöhten sich die Nettokaltmieten, die etwa ein Fünftel der Konsumausgaben der Privathaushalte ausmachen, um 1,3 Prozent. Deutlich mehr als im Februar 2013 mussten Verbraucher für den öffentlichen Nahverkehr (+10,1 Prozent) zahlen. Billiger wurden hingegen Nahrungsmittel (-0,4 Prozent).
Die wichtigsten Fakten zur niedrigen Inflation
Autofahrer können sich ebenso freuen wie alle, die Haus oder Wohnung heizen müssen: Die Sprit- und Energiepreise liegen seit Monaten unter dem Vorjahresniveau. Auch der starke Euro trägt dazu bei, dass Tanken und Heizen günstiger wird: Die Euro-Stärke verbilligt die in Dollar abgerechneten Rohölimporte. Niedrige Inflation ist also in diesem Fall gut fürs Portemonnaie: Verbraucher bekommen mehr für ihr Geld. Allerdings liegt selbst die derzeit sehr niedrige Inflationsrate in Deutschland noch über den Zinsen, die aktuell auf den meisten Sparbüchern oder Tagesgeldkonten zu verdienen sind. Ersparnisse verlieren also unter dem Strich an Wert. Allerdings wären die Einbußen für Sparer noch größer, wenn die Inflation höher läge.
Das Problem ist, wie Verbraucher und Unternehmen die künftige Entwicklung des Preisniveaus einschätzen. Wer weiter sinkende Preise erwartet, verschiebt vielleicht den Kauf der neuen Waschmaschine oder die Investition in die neue Fabrikhalle - denn es kann ja eigentlich nur günstiger werden. Das könnte eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang setzen: Unternehmen machen weniger Gewinn, Mitarbeiter werden entlassen. Diese können sich dann weniger leisten und der Druck, Preise weiter zu senken, nimmt zu. Diese Verkettung lähmt die Konjunktur. In der Folge sinken auch die Steuereinnahmen und die Belastungen durch Schulden und Sozialleistungen nehmen zu.
70 Prozent des Inflationsrückgangs im Euroraum, so hat es kürzlich EZB-Präsident Mario Draghi vorgerechnet, gehen auf das Konto gesunkener Energie- und Lebensmittelpreise. Dass das Preisniveau in Deutschland noch höher ist als in vielen anderen Eurostaaten liegt daran, dass in Ländern wie Griechenland, Spanien und Co. Unternehmen Preise senken müssen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Zudem müssen Regierungen sparen, um hohe Schuldenberge abzutragen. In Deutschland ist die Konjunktur hingegen relativ robust. Das schafft Raum für Investitionen und Lohnerhöhungen.
Darüber gehen die Meinungen auseinander. So warnt das DIW vor der Gefahr „einer sich selbst verstärkenden Deflationsspirale“ bei langanhaltend niedrigen Inflationsraten. DIW-Präsident Marcel Fratzscher fordert ein Eingreifen der Europäischen Zentralbank. Im „Focus“ schreibt er: „Ohne ein beherztes Eingreifen der EZB sehe ich schwarz.“ Europas Währungshüter rechnen zwar mit einer niedrigen Inflationsrate in diesem und im kommenden Jahr, Deflationsrisiken sehen sie aber nicht.
Draghi hat klargestellt, dass die EZB bereit ist, alles zu tun, sollte die Teuerungsrate überraschenderweise weiter sinken. Die Notenbank prüfe auch weitere unkonventionelle Maßnahmen, darunter ein Programm zum Anleihekauf („Quantitative Lockerung/QE). „Ob die EZB noch einmal die Zinsen senkt, oder gleich ein breit angelegtes Anleihenkaufprogramm beschließt, würde wohl davon abhängen, wie stark sie ihren mittelfristigen Inflationsausblick nach unten korrigiert“, glaubt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil.
Die EZB erwartet, dass die Inflationsrate schon im April wieder etwas anziehen wird. Volkswirt Weil erklärt, warum: Der übliche Anstieg der Preise für Reisen und Hotelübernachtungen rund um Ostern fällt in diesem Jahr in den April und nicht wie 2013 in den März. Zudem dürften die Energiepreise im April anders als im Vorjahr nicht sinken. Hierfür sprechen nach Weils Einschätzung etwa die tendenziell höheren Benzinpreise während der Osterferien. Insgesamt erwartet die Commerzbank, dass die Inflation im Euroraum in den kommenden Monaten um 0,8 Prozent pendeln wird.
Vorerst ja, allerdings stiegen die Preise für Nahrungsmittel in Deutschland zuletzt nicht mehr so rasant wie in den vergangenen Monaten. Da wegen des milden Wetters früher frisches Obst und Gemüse zu haben ist, dürfte der saisonübliche Preisrückgang für diese Waren in diesem Jahr früher einsetzen. 2013 hatte das kalte Frühjahr die Ernte verzögert. Sinkende Preise für Lebensmittel freuen die Verbraucher, sie können allerdings die Inflation insgesamt wieder etwas drücken.
Die Talfahrt der Ölpreise hatte die Inflationsrate in den vergangenen Monaten immer weiter nach unten gedrückt. Jüngst haben sich die Ölpreise aber etwas erholt. Das zeigte sich deutlich im Monatsvergleich. Für leichtes Heizöl mussten die Verbraucher im Februar 13,6 Prozent mehr zahlen als noch im Januar. Auch der Besuch an der Tankstelle wurde teurer (+ 3,7 Prozent).
Pauschalreisen kosteten 16,3 Prozent mehr als im Januar. Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise im Februar gegenüber dem Vormonat um 0,9 Prozent. Die Wiesbadener Behörde bestätigte damit erste Schätzungen.
Die Inflation ist immer noch weit vom Zielwert der Europäischen Zentralbank entfernt, die eine Jahresrate von knapp unter 2 Prozent anstrebt. Deshalb hat die EZB die Zinsen nahezu abgeschafft und kauft seit Wochenbeginn Staatsanleihen in gewaltigem Umfang. Pro Monat wollen die Währungshüter so 60 Milliarden Euro an frischem Geld in die Märkte pumpen - und das mindestens bis September 2016.
Das Billionen-Programm soll die Wirtschaft im Euroraum ankurbeln und die zuletzt gefährlich niedrige Inflation anheizen. Der geringe Preisauftrieb hatte Sorgen vor einer Deflation geweckt. Darunter verstehen Ökonomen eine gefährliche Abwärtsspirale der Preise auf breiter Front, die die Wirtschaft einfrieren könnte.