Inflation Angst vor der Inflation

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Gefühlte Inflation

Wo das Geld am schnellsten an Wert verliert
Die Bevölkerung im Jemen fordert, ihren ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh zur Rechenschaft zu ziehen - für die getöteten Bürger während der Jasmin-Revolution. Das Land verzeichnet derweil eine Inflation in Höhe von 17,61 Prozent. Quelle: IWF, Angaben in Prozent, im Vergleich zum Vorjahresmonat Quelle: dpa
Suriname: 17,71 Prozent. In der Hauptstadt Paramaribo protestieren politische Aktivisten gegen die kürzlich beschlossenen Amnestiegesetze. Diese gewähren dem Präsidenten Desi Bouterse Straffreiheit. Er und weitere Politiker werden beschuldigt, 1982 Oppositionelle während der damaligen Diktatur ermordet zu haben. Quelle: REUTERS
Sudan: Der Präsident Omar al-Bashir lässt sich für die Befreiung der Heglig Öl-Felder von Süd-Sudan feiern. Die Inflationsrate liegt bei 18,09 Prozent. Quelle: dpa
China hat der African Union einen Hauptsitz gespendet. Das neue Gebäude befindet sich in der Hauptstadt von Äthiopien, Addis Abeba. Die Inflation liegt hier bei 18,11 Prozent. Quelle: dpa
Im ehemaligen Bürgerkriegsland Sierra Leone liegt die Inflation bei 18,46 Prozent. Quelle: REUTERS
Vietnam: 18,69 Prozent Quelle: REUTERS
Iran: 21,30 Prozent Quelle: dapd

Wo Preise heftig steigen, nimmt die Gefahr zu, dass Kapital nicht mehr dahin fließt, wo es am produktivsten eingesetzt wäre. „Kredite fließen nicht mehr optimal in produktive und aussichtsreiche Investitionen und können dadurch neue Krisen auslösen“, sagt Eberhard Unger, Ökonom von Fairesearch. Aus Unsicherheit über zukünftige Preise schieben Unternehmen Investitionen auf oder treffen Fehlentscheidungen über die Produktion. Letztlich schadet Inflation so der Wirtschaftskraft. Und die Inflation bei Vermögensgütern wie Immobilien muss nicht auf ewig abgeschottet von anderen Bereichen bleiben. Der Weg von stark anziehenden Häuserpreisen über mehr Neubauten und Renovierungen hin zu steigenden Preisen für Baumaterialien und Handwerker-Leistungen ist kurz.

Grafik tatsächliche und wahrgenommene Inflation

Gefühlt schlägt die Inflation längst zu. Der Index der „gefühlten Inflation“, der Preise von häufig gekauften Gütern stark gewichtet, steigt (siehe Grafik). „Das Statistische Bundesamt spricht über etwa zwei Prozent Inflation und unser Geldbeutel über vier Prozent“, schreibt WirtschaftsWoche-Leser Witold Tyc an die Redaktion.

So denken viele Deutsche: Den billigen Computer hat kaum einer auf der Rechnung, wohl aber die täglich sichtbare Teuerung bei Sprit und Essen. 61,8 Prozent der Deutschen stimmten laut Marktforscher GfK im April der Aussage zu, dass die Preise künftig stärker als bisher oder gleich schnell steigen werden

Unternehmer Nitschke Quelle: Markus Hintzen für WirtschaftsWoche

Ein Jaguar

Jens Nitschke hat gerade für viel Geld einen silbernen Oldtimer, einen Jaguar E-Type, Baujahr 1965, 265 PS, gekauft und restauriert. Investition: 77 000 Euro. „Für mich bedeutet das Auto Lebensqualität in einer Zeit, in der ich nicht mehr das Gefühl habe, dass ich anderen Werten vertrauen kann“, sagt der Unternehmer aus Mainz, der Museen und Tropengärten plant. „Ich kann dem Wert vertrauen und mich darauf verlassen, dass er auch am Markt wertgeschätzt wird“, sagt Nitschke. Was sind dagegen Zahlen auf seinem Kontoauszug? Die Deutschen ließen im ersten Quartal 931 Jaguar-Autos neu zu – 21,5 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahrs.

Inflation ist ein schleichender Prozess: „Erst mal steigen nur die Preise für Güter, die auch sofort nach der Geldmengenerhöhung nachgefragt werden. Die Preise für die übrigen Güter bleiben unverändert“, schrieb der österreichische Nationalökonom Ludwig von Mises. Erwarten Bürger nach Ankündigung einer Geldmengenerhöhung höhere Inflation, flüchten sie zunächst in Sachwerte wie Gold oder Immobilien. Nach den Vermögens- steigen die Verbraucherpreise.

Der Preisanstiege bei transportfähigen Gütern, die international gehandelt werden, fällt eher niedrig aus. Die deutschen Hersteller können im Ausland die höheren Preise nicht durchsetzen. Anders verhält es sich bei Dienstleistungen: Ein Restaurantbesuch oder die Leistung eines Klempners werden nicht international gehandelt, die Konkurrenz aus dem Ausland fällt weg, die Unternehmen können die Preissteigerungen leichter durchsetzen. Kater von der Dekabank erwartet, dass die Preise für deutsche Dienstleistungen im Durchschnitt in den nächsten Jahren um bis zu 4,5 Prozent steigen werden. Vereinzelt seien auch jährliche Teuerungsraten von mehr als zehn Prozent möglich.

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