Inflation Angst vor der Inflation

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Heillose Verschuldung

Welche Auswirkungen die Inflation auf die Märkte hat
Deutsche Börse in Frankfurt
Börsentafel in Frankfurt
Euromünze in der Kneifzange
Griechische Eurmünze
Euromünzen liegen auf Börsenausdrucken
Ölfässer von Pertramer
Goldbarren

Viele Deutsche, meint Schott, verschuldeten sich dabei heillos. Die Deutschen im bau- und kauffähigen Alter (der durchschnittliche Immobilienkäufer ist 38) – noch vor wenigen Jahren ein Volk von modernen Nomaden mit befristeten Arbeits- und teuren Mietverträgen – stürzen sich auf Baukredite, als gäbe es morgen keine mehr. Die Hypotheken-Plattform Europace vermittelte in den ersten drei Monaten 2012 so viele Baukredite wie noch nie; mit 5,73 Milliarden Euro lag das Volumen der Immobilien-Kredite um 65 Prozent höher als im ersten Quartal 2011.

Malte Schreiner, Familienvater aus Niedersachsen, hat seinen Kredit gerade erneuert; er hat sich bei seiner Bank ein Forward-Darlehen gesichert, bei dem der Zins schon heute festgelegt wird, obwohl er das Geld erst im Sommer 2014 braucht. „Billiger“, ist Schreiner sich sicher, „kriege ich es nicht mehr. Selbst wenn keine hohe Inflation kommt – wo sollen die Zinsen denn noch hinfallen?“, fragt er rhetorisch.

Wie die Kaufkraft von 100.000 Euro Anlagevermögen bei verschieden hohen Inflationsraten sinkt

Aufgebaute Liquidität wieder abbauen

Das Kalkül: Schlägt die Geldentwertung künftig stärker zu als heute, steigen die Einkommen – Kredite aber bleiben nominal gleich hoch. Und Sparen bringt wenig: „Jeder, der Geld zur Seite legt, etwa auf ein Tagesgeldkonto, erhält meist Zinsen, die unter der Inflationsrate liegen. Sein Geld wird entwertet“, sagt Rolf-Peter Hoenen, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Wie wahr: Schon bei einer Inflationsrate von fünf Prozent und einem Prozent Habenzinsen ist ein Vermögen nach 15 Jahren um fast die Hälfte geschrumpft (siehe Grafik). Hoenen fordert jetzt „Exit-Szenarien“, die EZB müsse die aufgebaute Liquidität wieder abbauen. „Wenn erst eingegriffen wird, wenn der Preisauftrieb sich verbreitert, wird es schwierig werden, diesen wieder in den Griff zu bekommen.“ Die EZB müsse aufhören, unbegrenzt Geld zu verleihen und die Anforderungen an Sicherheiten, die Banken für Kredite bei der EZB hinterlegten, verschärfen.

Doch der Weg scheint versperrt. Teurere Kredite würden die Konjunktur in der Euro-Zone abwürgen und die Zinslast der Staaten in die Höhe treiben, fürchten die EZB und Europas Politiker. „Die Regierenden werden den Euro verteidigen, bis die Ersparnisse ihrer Bürger völlig ruiniert sind“, sagt Ökonom Polleit.

Grafik Preise für Eigentumswohnungen in Hamburg und München

"Die Inflation lieben"

So schlimm müsse es nicht kommen: „Die Deutschen könnten die Inflation lieben lernen“, meint Fels. Das Inflationsgespenst werde viel von seinem Schrecken verlieren, hofft der Ökonom. Er erwartet kräftiges Beschäftigungswachstum, Lohn- und Rentensteigerungen und einen Höhenflug der Immobilienpreise.

Letzterer ist schon da: Im ersten Quartal 2012 lagen die Preise für Wohnungen in Vierteln wie Hamburg-Eppendorf und München-Bogenhausen um satte 30 Prozent höher als vor einem Jahr (siehe Chart). Seit Kurzem ist die deutsche Immobilienwelle auch in der Fläche angekommen: Um fünf Prozent stiegen nach Daten der Landesbausparkassen die Preise für Häuser 2011 im Bundesdurchschnitt; Wohnungen wurden sogar um acht Prozent teurer.

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